Schnitzelpfanne ohne Landfrauenart

Das ist für mich ein ganz besonderes Rezept, denn hier entmülle ich einen meiner meist gehassten Rezeptvorschläge, die immer irgendwo gepostet werden, wenn jemand fragt “was soll ich heute kochen”, oder wir haben Gäste was soll ich machen? Dann kommt so sicher, wie bei Carbonara jemand schreit, dass da Sahne rein gehört, eine um die Ecke, die in den höchsten Tönen Ihre Schnitzelpfanne lobt, die nur aus Chemie, Unmengen von Sahne, unter Tonnen geriebenen Käses begraben, bei unendlich hohen Temperaturen, ewig lang im Ofen verbrochen wird. Willkommen in den achtziger Jahren, die scheinbar nie enden wollen.

Zutaten für 4 Personen mit Hunger:

1,3 Kilo Oberschale vom Schwein
1,5 Kilo Zwiebeln
0,7 Liter Brühe (anklicken)
0,3 Liter Weißwein trocken
Kräuter der Provence
Salz
Pfeffer
Mehl
200 Gramm Bacon
Schmalz
Petersilie frisch (wenn vorhanden)

Beilage:

Bratkartoffeln


Pommes frites (anklicken)

Das ist ein Grundrezept für eine Schnitzelpfanne, die dann noch jeder nach seinem eigenen Geschmack “versauen” kann. Solche oben beschriebenen Rezepte finde ich sonst immer in Landfrauenkochbüchern. Zuletzt ist es mir bei den Schorndorfer Landfrauen in ihrer 2006 er Auflage des Landfrauenkochbuchs aufgestossen. Davor kannte ich es schon von den Rotenburger Landfrauen zeitgenössisch aus den achtzigern. Damals war es total crazy Zeit durch Zutaten überlisten zu wollen und es ging nur noch darum, anders zu kochen, als es Jahrhunderte vorher üblich war. Deswegen werde ich jetzt mal die Versionen Glatzkoch gegen Kochschimpanse (der alles nur zusammenkippt und nicht drüber nachdenkt) gegenüber stellen, damit man versteht, warum es die einen so und ich anders mache.

1,3 Kilo Schnitzelfleisch vom Schwein

In handliche Schnitzel schneiden. 

Ich brate das Fleisch in der Pfanne mit Schmalz an. Weil es vernünftig angebraten schon mehr Geschmack bekommt, als wenn man es roh auf ein Backblech legt und vor allem, weil das Fleisch auch bei der weiteren Verarbeitung durch Schmoren, oder im Ofen auf einem Blech nicht so auslaugt, zarter wird und saftiger bleibt. Schmalz macht eine schöne Farbe und gibt einen guten Geschmack. 

Bevor das Fleisch in die Pfanne kommt, wird es in Mehl gewendet. So gibt es beim Anbraten weniger Flüssigkeit ab und bekommt eine schönere braune Farbe, also zusammen mit dem Schmalz schon die zweite Zutat für die Farbe. Außerdem wird die Soße dadurch auch sämiger.
Herd läuft volle Pulle, drei Minuten pro Seite. Nie mehr als 500 Gramm Fleisch pro Pfanne nehmen, sonst senkt man die Pfannentemperatur zu sehr ab und dann kocht man das Fleisch mehr, als dass man es brät, verfehlt also den gewünschten Effekt, wenn die Flüssigkeit austritt, statt im Fleisch zu bleiben und es saftig zu machen. .

So sind es vier Pfannenladungen zum Anbraten geworden. Lieber ein Mal richtig, statt  wie die Landfrauen wider die Kochphysik zu agieren.

Hier geht schon schon hart auf Mitternacht zu und auch ich habe den Reiz verspürt einfach mehr Fleisch pro Pfannenladung in die Pfanne zu werfen, um 6 Minuten zu sparen. Bei der Aussicht, habe ich es dann doch lieber gleich richtig gemacht. 

Mein Backblech ist dabei jedenfalls voll geworden. Voll ist es bei Landfrauens auch, aber mit rohem Fleisch, weil man sich damit die Zeit für das Anbraten sparen könnte, allerdings ohne Rücksicht auf Verluste. 

Ich habe mich immer gefragt, wieso bei solchen Rezepten drin steht, dass man Tütenzwiebelsuppe der üblichen Verdächtigen (Maggi, Knorr) zum Würzen verwenden soll. Es hat mich eine Menge Denkarbeit gekostet und dann bin ich doch noch drauf gekommen. Damit wird den Kochunkundigen das Würzen abgenommen und die Tüten enthalten Glutamat. Damit wird das Fleisch weich, auch wenn man nicht das damit macht, was man tun müsste (anbraten).

Deswegen ist jetzt Teil zwei der Aufgabe, nachdem wir dem Fleisch die entsprechende Kochphysik angedeihen lassen haben, den gewohnten Geschmack einer Zwiebelsuppe zu verleihen, ohne zur Chemie greifen zu müssen und vor allem noch viel besser zu schmecken. Am Ende soll man ja wissen, warum man sich die Mühe gemacht hat. 

1,5 Kilo Zwiebeln von der Schale befreien

200 Gramm Bacon in der Pfanne auslassen

Mehl in eine Schüssel geben und die Zwiebeln darin wälzen. Das Mehl ist das was im Schimpansenrezept, mit Tonnen von Sahne und saurer Sahne und Creme fraiche gemacht wird, um die Soße anzudicken und weil das keine Röstaromen produziert und nach nichts schmeckt, kommen dann immer noch Packungen mit Rahmsoßen, Bratensoßen und Jägersoßen zum Einsatz. Die Selbstverständlichkeit mit der irgendwelchen Leuten, die Rezepte verbrechen, so eine Zutat über die Lippen geht, ist mir echt immer wieder ein Gruseln wert. Merke, nichts schmeckt besser als die Zutat, die den natürlichen Geschmack gibt und davon braucht man auch viel weniger. Weniger Masse, weniger Menge, weil mehr Geschmack.

Der Bacon soll ordentlich fett abgeben und bei mittlerer Hitze in der Zwischenzeit nicht zu dunkel werden.

Wenn der Bacon sich wellt und anfängt braun zu werden, kommen die Zwiebeln ebenfalls in die Pfanne.

Die Mehlmenge aus der Schüssel hat sich gut mit den Zwiebeln vermischt

Zwiebeln gut mit dem Bacon vermischen

Das geht auch schöner mit frischen Kräutern, aber die hatte ich gerade nicht parat. Kräuter der Provence in die Pfanne geben und nicht sparsam sein. Das ist der typische Zwiebelsuppengeschmack, damit auch niemand etwas vermisst. 

Ordentlich vermischen und die Pfanne weiter bei mittlerer Hitze halten.

Deckel auf die Pfanne legen und 30 Minuten lange, alle 5 Minuten den Pfanneninhalt vermischen, damit nichts anbrennt.

Den Fortschritt kann man von einem Wenden zum nächsten Mal gut erkennen. 
Wenn der Großteil der Zwiebeln Farbe bekommen hat, noch eine Prise Mehl drüber stäuben.

Das wird dann auch wieder unter den Pfanneninhalt gemischt, damit es sich gut verteilt und später die Soße andickt. 

Das ist gesunde Farbe, oder? Daraus machen wir jetzt eine Soße.

0,7 Liter Brühe in die Pfanne geben. Die  Basis für jede gute Soße.

Das ist schon mal die halbe Miete

300 Milliliter trockener Weißwein

Eine ordentliche französische Zwiebelsuppe sollte man immer mit Weißwein machen und wenn man schon jahrzehntelang geglaubt hat, dass man Zwiebelsuppe zum Würzen nehmen kann, dann doch bitte hier the old fashioned way, selbst wenn es nur eine Zwiebelsoße und gar keine Suppe wird. 

Jetzt die Pfanne wieder unter Volldampf nehmen und aufkochen lassen. 

Sofort wenn die Soße anfängt zu kochen, zieht sie merklich an und wird vom Mehl dicker

Vielleicht habt Ihr mitgezählt, aber ich habe noch keinen Fatz Salz, oder Pfeffer von außen zugefügt. Da sind bisher nur die Kräuter der Provence drin, die Gewürze in meiner Brühe, die Röstaromen vom Anbraten der Zwiebeln und der Bacon. Zum Ende werde ich höchstwahrscheinlich noch Salz und Pfeffer dazu geben, aber durch den Weißwein schmeckt das jetzt schon sensationell gut.

Wenn man das Gericht nicht am gleichen Tag servieren möchte, oder morgens für den Abend vorbereitet, ist jetzt der letzte Arbeitsgang, die Soße mit den Zwiebeln auf dem Fleisch zu verteilen, das es sich auf dem Backblech gemütlich gemacht hat. 

Zwiebeln und Bacon gleichmäßig mit dem Schaumlöffel über dem Fleisch ablegen.

Da wundert man sich echt, wo die ganzen Zwiebeln bleiben, aber die haben im Gegensatz zum Rohzustand schon reichlich Volumen verloren. 

Dann noch die Soße über dem Fleisch verteilen und das Fleisch darin ziehen lassen. Wer das in einem Rutsch durchkochen und servieren will wirft den Ofen an und gart das Gericht eine Stunde lang. Ich habe an der Stelle abgebrochen und mich auf den folgenden Abend vertagt.

Jetzt kommt der praktische Teil, wenn man das am Abend vorher vorbereitet hat, dann kann man auch zuhause anrufen und sagen, Schaaaaaaaaaaaatz, stelle doch bitte den Ofen schon mal auf Stufe 3 an, dann ist das Fleisch schon warm, wenn ich nach Hause komme und ich muss nur noch die Beilagen machen. 


Stufe 3 beim Gasofen sind 150 Grad beim Elektroofen und eine Stunde reicht auf jeden Fall. 

Als Beilage mache ich Bratkartoffeln aus rohen Kartoffeln, die dauern 20 Minuten. 

Für die Kinder gibt es doppelt frittierte Pommes frites, falls irgendwem am Tisch einfällt, dass er / sie keine Zwiebeln mag, oder irgendwas anderes nicht nach der Mütze ist, oder eben nur, weil es eine beliebte Beilage ist.

Nach einer halben Stunde im Ofen streue ich selbst geriebenen Edamer auf das Blech

Weil ich zutrauen in das Gericht habe, würde ich beim ganzen Blech mit 250 bis 300 Gramm Käse auskommen. Mit Rücksicht auf die ganzen Schnekerbären am Tisch, die heute alles mit Käse essen und morgen keinen mehr mögen, mache ich nur eine Hälfte des Bleches mit Käse

Hier schon mal eine Geschmacksprobe. Ist super zart, schmeckt richtig voll, die Soße schmiegt sich gut an, Zwiebeln und Bacon machen dazu einen extrem schlanken Fuß. Mir reicht der Geschmack und ich brauche keine extra Gewürze. Zur Not würde ich Salz- und Pfeffermühle auf den Tisch stellen. Benutzt am Ende sowieso keiner, aber man hätte die Option. 

Bratkartoffeln ohne irgendwas. Beim Fleisch sind so viele Zwiebeln und Bacvon, die brauchen außer Fett nur noch Salz und Pfeffer. Bei mittlerer Hitze 20 Minuten braten und erst mit Salz und Pfeffer würzen, wenn der Herd abgestellt ist und die Bratkartoffeln auf den Teller kommen.

Obligat für alle, die immer alle unter Käse verstecken müssen, kommt hier die überbackene Variante. Ist lecker, kann man machen, muss man aber nicht, bei der Soße und der Vielzahl von Geschmack. Dieses alles dick unter Käse verstecken sehe ich grundsätzlich nur bei Leuten, die sich beim Kochen um nix scheren, außer dass Käse drauf ist und das im Bedarfsfall immer super rotzig verteidigen, mit ihrem verbrieften Recht auf Dummheit. Was soll’s, jeder entscheidet sich am Ende selbst für die Seite, auf der man steht.

Grünkraut nicht vergessen

Pommes für die Brut

Elternteller väterlicherseits mit Bratkartoffeln, ohne Käse

Für die Mutti, die das immer vertragen kann, viiiiiiiiiiel Käse

Für jeden Geschmack und Bedarf etwas dabei. Ohne Tütensuppe, ohne Sahne, ohne Päckchensoße und trotzdem mit vollem Aroma, gut gebunden und so wie es sein soll. Wie immer braucht es hier nur Zeit und Liebe und Grundkochtechniken, Anbraten, schmoren, Geschmack reduzieren, andicken. Da denkt man gar nicht drüber nach, wenn man es immer so macht. Falls jemand von der dunklen Seite der Macht ins Licht wechseln möchte, es tut nicht weh. 

Das ist ein leckeres Familienessen von Montag bis Sonntag, oder auch wenn Gäste kommen, die eher rustikal gepolt sind. Damit würde ich keine runden Geburtstage, Verlobungen und Beförderungen ausstatten, aber für einfach mal nett beisammen sitzen, um sich einen auf die Lampe zu kippen und dummes Zeug zu quatschen, ist das genau richtig. 

 

Zart und voller Geschmack, ohne fragwürdige Zutaten, ein Traum!

Ich wünsche viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Appetit.

Print Friendly, PDF & Email

2 Kommentare

  • Sehr genial, ich habe da einen ähnlichen Nachbau aber ich schichte das ganze in eine KONCIS Edelstahlform von IKEA. Das Theater mit "ich esse keine Zwiebeln" und mal mit oder mal ohne Käse kenne ich auch nur zu gut, aber bei Zwiebeln bin ich kompromisslos – wer die nicht will, muss sie halt liegen lassen. In der Zubereitung nehme ich da keine Rücksicht. Ach ja, ich mach noch eine Knolle Knoblauch rein. Oder zwei.

    • mit zwiebeln bin ich gerade auf dem vormarsch. da läuft jetzt keiner mehr weg, nachdem ich röstzwiebeln gemacht habe für die kürbisravioli. jetzt sind zwiebeln plötzlich ganz toll und ein geschmacksträger, wie die damen nicht müde werden zu betonen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert