Süße Chinakohlfrischkost – DDR Kochbuch 1979
Ich weiß nicht wie man das im Westen genannt hätte, höchstwahrscheinlich Chinakohlsalat mit einem Hinweis auf pikant, oder eher süß und dann noch den Verweis auf weitere Zutaten, wie die Orange, oder die Rosinen. Im Buch “Kochen” von 1979 aus dem Verlag für die Frau, nennt sich diese Errungenschaft der Arbeiterklasse jedenfalls Süße Chinakohlfrischkost, in bewährt sperrigem Sprachterminus Ost und noch schöner auf sächsisch. Chinogohlfrischgöst, oder so ähnlich. Ich liebe dieses Buch und dessen Optimismus, was die damalige Versorgungslage und die Beschaffungsmöglichkeiten betrifft.Zutaten:
500 Gramm Chinakohl
1 Apfel
1 Handvoll Sultaninen
Zitronensaft einer ganzen Zitrone
1 Esslöffel Zucker
1 Prise Salz
1 Orange (bio) wenn es geht.
5 Esslöffel Rapskernöl, oder Rapsöl
Optional Pfeffer
Petersilie
Chinakohl zerkleinern
Einen Apfel schälen
Apfel zerlegen
Kerngehäuse entfernen
Apfel würfeln
Chinakohl und Apfel in eine Schüssel geben.
Den Saft einer Zitrone dazu geben, damit der Apfel nicht braun wird. Ich weiß nicht, ob es in der DDR immer Zitronen gab? Freiwillige Berichterstatter vortreten, bitte. Vielleicht haben sie dafür auch die Plastikzitrone mit der Citronensäure benutzt. Die gab es bestimmt aus Buna und Leuna.
Jetzt fehlt noch Öl
Rapskernöl ist toll und nussig und geht schon mehr in Richtung Olivenöl, ist also nicht so neutral, wie ein ordinäres Rapsöl. Man kann beides verwenden, aber ich finde das Kernöl hier noch besser.
Salz, eine Prise als Grundwürzung. Mehr geht immer, wenn man beim Abschmecken merkt, dass noch etwas fehlt.
Sultaninen. Ich weiß, viele mögen die nicht. Kann ich a.) nicht teilen b.) werdet Ihr alle älter c.) verbessern sie deutlich den Geschmack und das Mundgefühl
Jetzt wird es exklusiv und es kommt eine Orange ins Spiel. Meine ist sogar noch bio. Das Buch sagt darüber natürlich nichts und 1979 gab es noch keinen Trend zur Orange in bio, sondern da war auch im Westen nur jeder froh, Orangen zu haben. In der DDR waren Orangen eher knapp und deswegen habe ich mich über die Zutat in dem Buch auch eher gewundert.
Weil meine Orange bio ist, nutze ich den Zestenreisser und verwende Teile der Orangenschale im Salat. Das gibt noch mehr Orangengeschmack.
Anschließend die Orange zerlegen und aus der weißen Hülle holen, also filetieren.
Orange untermischen
Jetzt noch einmal abschmecken, ob für Euch alles dabei ist, ich nehmen noch Salz und für mich wichtig Pfeffer aus der Mühle.
Petersilie hacken
Rein in den Salat damit.
Ich dekoriere Euch mal eben einen Probeteller.
Das war wirklich lustig. Ich hatte meine jüngste Tochter (4) die ganze Zeit neben mir stehen und die hat schlaue Fragen zu dem gestellt, was ich gerade mache. Bei Salat sind Kinder meistens reserviert, aber der Salat erschien ihr lukrativ zu sein. Diesen Probierteller hat sie gleich so weggehauen und danach noch die Rotkrautfrischkost, und die bunte Frischkost, die ich nacheinander geschnippelt habe.
Dieser Salat ist wirklich hervorragend. Kein Essig, sondern reine Zitrone, der bodenständige Apfel, die fruchtige Orange, der knackige Chinakohl. Natürlich verträgt der Salat wenn er länger mariniert, ABER meine subjektive Meinung dazu ist wie immer. Es wird nie wieder besser, als wenn das gerade passiert ist und nicht nach Stunden, oder Tagen, wenn es sich um vermeintlich frische Nahrung handelt.
Das schmeckt so toll, dass auch die üblichen Bedenkenträger mühelos mitessen konnten und den Salat sogar gelobt haben.
War doch nicht alles schlecht in der DDR
Ich wünsche viel Spaß beim Nachschnippeln und einen guten Appetit.
so ähnlich kenn ich den Chinakohlsalat auch (allerdings mit Mandarine statt Orange)..minus Sultaninen, denn die find ich egal woran gruselig 🙂
da bist du in bester gesellschaft. die finde ich wiederum wirklich lecker. als kind eine zeitlang nicht, aber schon ganz lange wieder gut.
Ich finde es immer sehr erfrischend, wie du deine Rezepte präsentierst.
Aber heute fühle ich mich doch mal wieder gemüßigt einen Kommentar zu schreiben.
Das benannte Buch habe ich natürlich auch zu Hause. Im Jahre 1979 geheiratet, gehörte es sozusagen zur ‘Pflichtlektüre’ einer jungen Hausfrau.
Aber das Kochen gestaltete sich nicht ganz so schwierig, wie du es vermutest.
Kohl ist bekanntlich ein Wintergemüse … und da gab es dann auch Orangen, selbst wenn es manchmal nur Kubaorangen waren, die recht grün bei uns eintrafen.
Den Salat gab es also im Sommer nicht. 😉
Liebe Grüße und ein fröhliches Kochen
wünscht dir Anke (die sich immer auf deine Rezepte freut)
hallo anke, vielen lieben dank für deine rückmeldung. ich war nicht live dabei und kann deswegen nur mutmaßen. in den facebookgruppen ging es wegen der versorgungslage auch immer hin und her und die meisten sagten, dass es in berlin und leipzug am einfachsten war, die zutaten zu bekommen. wo warst du? gruß jörg
Ich lebe (auch heute noch) weit weg von Berlin oder Leipzig, nämlich fast an der polnischen Grenze in einem Dorf in der Nähe von Frankfurt/Oder. ;-))
LG Anke
cool, ich wollte nach 3 oder 4 jahren mit den kindern mal wieder nach polen fahren. dürfen wir mal vorbei kommen? die kinder fragen mich immer so schlau, ob ich jemanden kenne, der damals schon mit dem buch gekocht hat?
Na gerne doch, (obwohl ich heute nicht mehr danach koche).
Aber ich habe es noch.
wichtig ist, dass man dort mal die grundkochtechniken mitgenommen hat. ich brauche das auch nicht beim kochen, aber für mich ist das der pure spaß so alte rezepte zu entrümpeln und vielleicht auch mal besser zu machen.
Also………..: Zitronen gab es, soweit ich mich (geb. 1961) erinnere, meistens. Es soll aber Versuche gegeben haben Zitronensaft aus grünen Tomaten herzustellen! Kann ich mir gut vorstellen, da ja ständig nach Ersatz für Sachen die aus dem Westen importiert werden mussten, gesucht wurde.
Orangen, die echten, gab es in der Vorweihnachtszeit zumindest in Ostberlin und in den Bezirkshauptstädten. Seltener in der Provinz. Ich habe sie Kartonweise aus Ostberlin zu meinen Verwandten in der DDR verschickt. Wie so vieles Andere auch.
Äpfel waren zu bekommen. Obwohl sie nicht immer schön ausgesehen haben.
An Chinakohl kann ich mich allerdings überhaupt nicht erinnern. Kann aber daran liegen, dass ich damals so grünes Zeug meist ignoriert habe. Die Devise lautete: Grillfleisch kann man durch nichts ersetzen außer durch noch mehr Grillfleisch! Und in der Kindheit gab es das was im Garten gewachsen ist. Da gehörte Chinakohl nicht dazu.
Die Rohkostsättigungsbeilagen sind bereits mit großem Erfolg bei meinen Westnachbarn bei der letzten Party angekommen. Die mochte ich damals schon wenn Mutti sie gemacht hat.
Grüße an alle die mitlesen und Deine authentische Art genau so mögen wie Deine tollen Rezepte.
hallo jochen, vielen lieben dank für deine rückmeldung. früher hatte man auch im westen keinen weiteren radius als die tageszeitung, wenn man irgendwas beschaffen wollte. das höchste der gefühle war eine werbung bei der man sich einen katalog bestellen konnte, wenn man aus dem rest der republik einkaufen wollte, wie bei quelle, neckermann, oder otto. beim rest musste man auch wissen, wo es das gab.
ich bin quasi auch dein westnachbar, der sich auf das gemüse stürzt, wenn die würzung passt.
gruß
jörg