Wiener Schnitzel natürlich vom Kalb
Natürlich ist aus Kostengründen nicht jedes Schnitzel das ich brate aus Kalbsfleisch, aber wenn ich es Wiener Schnitzel nenne, DANN ist es aus Kalb. Um genau zu sein, habe ich mir zum ersten Mal ein Stück Kalbsrücken gegönnt. Natürlich mit dem Wissen, dass Schnitzel vor allem aus der Oberschale gemacht werden. Bei zehn Euro für das Kilo Kalbsrücken bei Metro und der Aussicht, dass ich es nun auch mal mit Kalbsfleisch braten darf, habe ich darüber hinweg gesehen, weil ich alle anderen Schnitzel mit anderen Fleischsorten auch aus der Oberschale, dem Rücken, oder dem Nacken brate. Irgendwas ist ja immer. Ich habe mir nur gedacht, dass zehn Euro pro Kilo so eine Preisklasse sind, bei der auch andere mal vom Schweinefilet, oder anderen Sorten in der Preisklasse, ein Stück Kalb testen würden, um dem Original ein wenig näher zu kommen.
Zutaten für 4 Personen:
1 Kilo Kalbsrücken
4 Eier
1 tiefer Teller Mehl
Paniermehl
1 Schuss Sahne
Salz
Pfeffer
Pfeffer
0.5 Liter Pflanzenöl
50 Gramm Schmalz
Limette / Zitrone
Preisselbeeren
fiese Sardellen, die es bei mir in 100 Jahren nicht geben wird
fiese Sardellen, die es bei mir in 100 Jahren nicht geben wird
Die erste Amtshandlung wenn man Wiener Schnitzel zubereiten möchte ist, die Herstellung des Kartoffel-Gurkensalates. Das Rezept dazu findet Ihr unter dem farbig unterlegtem WORT.
Bei der Zubereitung der Schnitzel ist es nicht weniger gefahrenreich, wie bei der Herstellung des Kartoffelsalates. Da wird es garantiert bei der Industrie- und Handelskammer in Wien ein paar Rollen altes Pergament geben, wo ganz genau drauf festgehalten wird, wie ein original Wiener Schnitzel auszusehen hat. Das Ganze dann noch einmal als Aushang mit Verklausulierungen der EU Bürokratie, wie dünn, die breit, mit welcher Panierung und in welchem Winkel die Pfanne auf dem Herd stehen muss.
Ich habe wie gesagt, noch nie mit Kalb gearbeitet., hätte ich mir auch nie gekauft, weil ich mit meinen Schnitzeln immer total im Reinen war, aber für nen Zehner und für meinen Forschungs- und Bildungsauftrag ist mir ja nix zu teuer. Schreien beim Wiener Schnitzel eigentlich auch die ganzen Schwaben mit, wie beim Kartoffelsalat? Vielleicht waren die mal österreichische Kolonie? Man wird sehen 😉
Das erste Mal, dass ich mich ziemlich auf den Arsch gesetzt habe, war diese Sehne auf dem Rücken. Alter! Da brauchste aber richtig Messer. Nicht so wie bei Schnitzel vom Schweinerücken, einmal kurz unterheben und tschüss.. Hier braucht man wirklich ein scharfes Messer und dann immer an der Sehne möglichst sauber abtrennen. Was übrig bleibt, kann man in einer Brühe auskochen, deswegen bin ich da recht entspannt, wenn noch ein bisschen Fleisch dran bleibt. Hier kommt nix um.
Ich weiß, der gemeine Alpenbewohner jenseits von Bad Reichenhall, möchte das Schnitzel in Tellergröße. Ich könnte das auch mit einem Schmetterlingsschnitt in der Fläche verdoppeln und dann plattieren, allerdings bin ich davon ausgegangen, dass mir das bei meinen vier Kindern keine Punkte bringt, wenn ich für vier die zusammen jünger sind als unser Auto (16), mit solchen riesigen Fleischstücken am Tisch aufwarte. Mit dem Fleischklopfer plattierten, ich weiß am besten so, dass man keine Spuren am Fleisch sieht und gerne auch mit einem Topfboden, ABER bei mir geht die Jagd los, wenn die Ehefrau sagt, “Also jetzt habe ich aber auch Hunger”.
Mutterns Magen knurrt schon bis zum Herd, also schnell die flachgeklopften Schnitzel durch die Panierstraße jagen.
Das drei Teller System ist ganz einfach und ich wünschte mir, das würden sich mal die ganzen Kandidaten anschauen, die sich immer fertige Schnitzel aus der Kühlung kaufen. Ist gar nicht schwer, echt nicht. Die ausgleichende Gerechtigkeit ist aber bei denen immer, dass sie die Zeit, die sie sowieso nicht aufbringen erneut schänden, weil sie die Plasteschnitzel grundsätzlich zu blass, oder total verbrannt aus der Pfanne zaubern. Da scheint das Eine das Andere zu bedingen.
Extra für das kostbare Wiener Schnitzel, greife ich hier als Jungfernfahrt auch den alten Tipp auf, der verquirlten Eimasse einen Schuss Sahne bei zu geben. Damit soll die Panierung lockerer werden und sich besser vom Schnitzel abheben. Wenn nicht, hat ein bisschen Sahne noch keinem Gericht geschadet, nur der Figur.
Ich würze das Ei mit Salz und Pfeffer und spare damit nicht, denn von irgendwo muss der Geschmack hinterher kommen.
Fleisch ins Mehl drücken
Darauf achten, dass überall gleichmäßig Mehl anhaftet, damit hinterher auch gut die Eiermasse hält.
Anschließend das Wiener Schnitzel von beiden Seiten durch das Ei ziehen.
Detektivisch genau darauf achten, dass auch überall Ei am Schnitzel klebt.
Nun kommt das Schnitzel ins Paniermehl. Oha, nächste offene Flanke. Meine Frau wirft immer das alte Brot weg, bevor ich Paniermehl daraus machen kann. Das ist doch mal eine andere Ausrede als die bei mir in der Firma, die immer mit das Telefon und der Bus anfangen.
Angestrebt wird eine lückenlose Panierung ohne Löcher, damit das Schnitzel gleichmäßig kross und braun wird. Notfalls nachpanieren, wenn man merkt da ist noch eine nackte Stelle.
Das dauert zehn Minuten und lohnt sich! Profis machen es wohl in zwei Minuten.
Ja, Muttern ich bin fast fertig. Jetzt muss ich sie nur noch braten (fast)
Das nächste österreichische Familiengeheimnis ist das Fett in dem das Wiener Schnitzel ausgebacken wird. Da ist von Rinderfett bis Distelöl alles in der Verlosung und was macht der Piefke? Fingerdick Pflanzenöl in die Pfanne und ein bisschen Schmalz, für den guten Geschmack. Die Füllhöhe des Öls ist wichtig, damit das Fleisch auf dem Öl schwimmt und gut bräunt.
Der Pfannenwender aus Holz ist mein Thermometer. Wenn daran Blasen aufsteigen ist die Temperatur des Öls o.k und das Ausbacken kann starten.
Die Schnitzel kommt pro Seite drei Minuten in die Pfanne. Wenn man wie ich ein paar Pfannen mehr brät, stellt man JETZT den Backofen an auf die niedrigste Stufe bei 70 Grad, damit das Fleisch dort warmgehalten werden kann und zieht, ohne weiter zu garen, während die nächsten Pfannen auf dem Herd stehen.
Das Fleisch von oben mit einem Esslöffel mit Fett begießen, dann wird die Panierung noch besser. Hier seht man ganz gut, wie das Fleisch auf dem Ölfilm schwimmt. Daran erkennt man immer, wenn Doofe Schnitzel braten, da ist immer nicht genug Fett in der Pfanne und weil das Fleisch nicht schwimmt, ist immer ein roher neben einem verbrannten Teil
Nach drei Minuten werden die Schnitzel gewendet
Die Schnitzel kommen dann zum gehen in den warmen Ofen, aber wie gesagt, die sollen nicht mehr Nachgaren. Ich habe die Kinderschar natürlich schon vorher andächtig um den Herd versammelt und kundgetan, dass es ein ganz besonderes Essen ist und dass wir jetzt mal ein richtiges Schnitzel wie in Österreich essen und dass es aus Kalb ist und dass man das nur mit der Säure einer Zitrone / Limette betropft und den Fleischgeschmack auf sich wirken lässt und dass das voll tradionell und geschützt ist. Jeder war also gebrieft, dass es
hier nicht Tilman’s Toasties gibt.
Serviert wird das Wiener Schnitzel dann mit einer Scheibe Zitrone (bei mir bio Limette) und Preisselbeeren (waren gerade aus und kommen auch nicht wieder rein) und einer Sardelle als Garnitur, die ich als kompletter Fischverweigerer nicht im Programm habe. Fühlt sich für Außenstehende vielleicht gerade ein bisschen wie DDR an, ist aber dem Umstand geschuldet, dass meine Frau keine Preisselbeeren mag, die Kinder deswegen auch nicht und für mich brauche ich die nicht, nur damit Ihr ein buntes Foto habt. Dafür war das Fleisch “teuer”…
Dazu gibt des den Kartoffel-Gurkensalat mit Brühe.
Bevor wir dann mit dem Essen anfangen, hat Margarete (gerade noch 4) einen weiteren Ihrer großen Auftritte am Tisch und als Mensch. Wortwörtlich sagte der kleine Besen “Was soll der Scheiß hier? Nur zwei Sachen auf dem Tisch? Kartoffelsalat und Schnitzel? Wer soll davon satt werden und wo sind Nudeln, Kartoffeln und Soße?” Das ging dann fünf Minuten und ein paar Angebote der Mutter, das Abendessen doch ausfallen zu lassen und stattdessen direkt ins Bett zu gehen. Danach hat Margarete ganz brav gegessen und war die letzte am Tisch, die immer noch nachgenommen hat und immer noch mehr von dem besonders leckeren Schnitzel haben wollte. Verstehe einer die Frauen und die, die mal eine werden wollen.
Nicht schön aber selten. Inside Schnitzel, jetzt auch außen kross und innen zart.
Für mich ist das ein ganz besonderes Essen, ausnahmsweise mit Kalb. Man merkt den Unterschied schon, aber nicht so dass man es nicht mehr vom Schwein, oder Geflügel machen möchte. Am Ende ist das auch egal, wenn das Budget nicht für mehr reicht, so lange man bei der Zubereitung mit Liebe arbeitet. Schnitzel sind einfach ein tolles Familienessen und super gesellig.
Ich wünsche viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Hunger.
Aber Hallo! Ich als waschechte Österreicherin hab mich jetzt köstlich amüsiert, sehr treffend und pointiert geschrieben (wie immer – ich freue mich jeden Tag auf deinen Blog!)- und eeeeeeeendlich ist einem "Piefke" mal ein richtiges Schnitzl gelungen (und sehr richtig: aus Kalbfleisch ist es "das wiener schnitzl" …aus anderer Fleischsorte: "schnitzel wiener art" kapierst?��)
Wünsch' "Mahlzeit" weiterhin,….ahja, Sardellenringerl hab ich mein Leben noch nie zum Schnitzl gegessen….und es so auch noch nirgends serviert bekommen…Preiselbeeren – doch schon, werden aber eher zum "Cordon bleu" gereicht….ev. ein neues Thema?�� Lieben Gruß aus Österreich, Karin
hallo karin, vielen dank für deine rückmeldung. cordon bleu habe ich schon mit rinderschnitzeln gemacht und ich glaube auch mit geflügel. den gaul soll man ja auch nicht totreiten. ich kenne echt außer schwaben und österreicher keine volksgruppen, die so akribisch auf kleinigkeiten bei der zubereitung achten. ich sehe mich bei den nächsten schnitzeln schon mit einem halben lkw voll schmalz abfahren, damit ich genug fett zum braten habe. freut mich sehr, wenn du immer mitliest und über deine meinung natürlich noch mehr. schönen gruß jörg
Und damit auch Deine Vorurteile über die Immerundallesbesserwissenden aufs trefflichste bestätigt werden: Butterschmalz. Nix Anderes. 😉
verbindlichsten dank 😉
Da kommen sie alle zusammen die Össis wenn es um unser Schnitzerl geht 😉 jetzt wird es ja dann bei euch auch demnächst gscheite Schnitzerl geben dank deiner perfekten Rezeptur. Ein paar Kleinigkeiten: Probier mal statt Schlagobers (-sahne) einen Schluck Mineralwasser (-Selters oder Sprudelwasser) Panier sollte dadurch noch knuspriger werden. Zitronenscheibe oder besser Zitronenspalte, KEINE Limette.
Unbedingt Preiselbeermarmelade, geht gar nicht ohne 😉 Klassische Sättigungsbeilage wäre Reis oder Petersilienerdäpfel, notfalls Pommes. Keine Sardelle, ist beim Hollsteinschnitzel, aber das ist eine andere Geschichte. Damit die Panier schön aufgeht (souffliert) darf die Pfanne ruhig geschwenkt werden damit das heisse Öl (BUTTERSCHMALZ) schön drüber rinnt….. Und mir das Wasser im Munde zusammen. Mahlzeit und lg aus Österreich.
hallo gin fizz, ich freue mich total wenn jemand meine rezepte liest und das auch kommentiert. ich kann dadurch auch nur besser werden, wenn mich andere menschen an ihrem erfahrungsschatz teilhaben lassen. vielen dank für das geballte fachwissen. das lasse ich beim nächsten mal einfließen. schönen gruß jörg
moin Jörg, ich nehme bei den verquirlten Eiern zum Panieren IMMER nen Schuß Sahne (wenn gerade keine im Haus ist, geht auch Dosenmilch) UND Mineralwasser.
Liebe Grüße
das mache ich gelegentlich auch, aber eher selten.