Glatzkoch in Rumänien Tag 2 Teil 2

Hallo mein Name ist Jörg Heilemann, ich bin Mitglied bei den anonymen schwarzen Anzugträgern. Ich freue mich wieder auf meinen Schreibtisch in Berlin, meinen alten Gasherd,  und am liebsten fahre ich geradeaus auf Asphalt. 

 

 Ich habe das ja insgeheim schon immer gewusst, dass ich Quad am liebsten auf der Straße fahre, oder mal ein Stück Rasen mit durchdrehenden Reifen umgrabe. Seit Jahren frage ich mich, nach bestimmt 1000 selbst verkauften Quads, was die Leute mit einem Unterfahrschutz wollen, der schränkt doch nur die Bodenfreiheit ein. In Zukunft werde ich niemanden mehr danach fragen. 

Hier ist gerade die Gruppe zu sehen, die mit einem Guide auf einem Hindernisparcours unterwegs ist. Ich zeige Euch auch noch die einzelnen Hindernisse.

Das ist ein Can Am Outlander 6×6 mit 1000 ccm. Sowas brauchen Jäger, oder Waldarbeiter und das Höllenteil hat 6 angetriebene Räder.

Das ist total rumpelig, wenn man erstmal an den ersten Baumstamm ranfährt. Dann stellt man die Übersetzung auf “low” und auf “Allrad und muss erstmal den ersten Stamm hochkommen.

Mit jedem einzelnen Baumstamm holpert man weiter über die Reihe und wenn man am Ende der Stämme angekommen ist, muss man sich erstmal überwinden, unkontrolliert mit der Front nach unten zu fallen, während es im Heck immer noch weiter bei jedem einzelnen Baumstamm rumpelt und der Boden des Quads mehrfach aufsetzt.

O.K, überlebt

Das klappt natürlich auch mit dem Can Am Outlander 450, 450 Max, 570, 850, 1000 und es ist fast wie beim Fliegen wo man weiß, dass sie alle runterkommen. Hier kommt eben jeder irgendwie rüber.

Wenn ich mir das subjektiv beschissenste Hindernis des Tages aussuchen sollte, dann würde ich diesen Reifenstapel nehmen. Der hat mir überhaupt nicht geschmeckt. Unterschiedliche Höhen bei den Reifen, mit Split gefüllt, der wegspritzt, wenn man Gas gibt, die Reifen asymmetrisch und ungleichmäßig gestellt. Da holpert man von einem zum anderen, versucht irgendwie die Geschwindigkeit zu halten und wenn man stehen bleibt, muss man eigentlich erstmal rückwärts fahren. Dazu wackelt der Lenker noch wie ein Lämmerschwanz hin und her.

Rauf auf die Reifen

Nächster Reifen

Und runterholpern, zwischendrin mindestens 5 Mal aufsetzen und jeden Schlag direkt ins Kreuz bekommen.

Das Hindernis kannste mir echt schenken, aber da ist natürlich nicht das Hindernis doof, sondern der der sich damit anstellt.

So sieht das aus, wenn man drei Zentimeter zu weit nach links oder rechts abkommt, oder die falsche Geschwindigkeit fährt. Die Zahl der Gründe geht von eins zu einer Million.

Den ollen Hügel habe ich mir eigentlich am einfachsten vorgestellt, weil der von hier so harmlos aussieht. Man fährt über so eine Welle. Da sind aber übelste Spurrillen drin und dann setzt man oben auch noch auf. Das war genau der Moment, in dem ich mental mit dem Parcours abgeschlossen habe, weil es am Lenker zerrte und dann setzte das Quad auch noch auf und der Rückwärtsgang klemmte, weil ein Bolzen raus war und jeden Stoß bekam man direkt ins Kreuz.  Auf dem Bild seht Ihr den Guide, ich erzähle Euch gerade nur, was in mir in dem Moment vorging. Spaß? Gebt mir eine Straße!

Ich fragte mich auch, je länger die Veranstaltung ging, wie der Guide das aushält, drei Stunden im Kreis zu fahren und immer wieder dieses Gezerre und Gerumpel auszuhalten

Hier bin ich jetzt gerade unterwegs und als Motorradfahrer hat man immer diesen Reflex das Bein rauszuhalten, damit kann man sich auf dem Quad aber maximal das Sprungelenk brechen. Da muss man die Bein immer gegen den Tank pressen und hoffen, dass man die Balance hält.

Dieses Reifenhindernis merke ich höchstwahrscheinlich noch im Rücken, wenn ich meinen Schreibtisch wieder erobert habe. 

Die Rampe ist das einfachste Hindernis. Da fährt man nur hoch, findet mit Glück die Stelle, die das Quad dann noch vorne kippen lässt und fährt dann vorne wieder runter. Kein Aufsetzen, kein Rumpeln, kein Zerren im Lenker. 
 
Ich kann das Gefühl nicht großartig beschreiben, aber als Anzugträger schwitzt man nicht gerne in seinen Klamotten, den Helm habe ich mir extra aus der Firma mitgenommen, weil ich sonst nur mit Halbschale fahre und darin kam ich mir deswegen vor wie in einem Käfig. Daran hätte ich mich vorher schon beim täglichen Zweiradfahren in der Stadt gewöhnen sollen.

Als nächsten Programmpunkt, gab es dann noch eine Strecke für die Side by Side Fahrzeuge. Die heißen so, weil man da nebeneinander sitzt und nicht hintereinander, wie auf einem Quad. Sowas nehmen manche Menschen für sportliche Aktivitäten, die meisten aber für Arbeitseinsätze wie Winterdienst, Gartenarbeiten auf Wegen die man nicht mit normalen Autos befahren kann, in der Landwirtschaft, oder für die Jagd. 

Defender 1000 mit Kabine und vier Sitzplätzen. Ich habe nicht mitgerechnet, aber da ist man nicht unter 30000 Euro dabei, wenn man ein paar Sonderausstattungen dazu nimmt.

Die Fahrzeuge haben einen Überrollkäfig und Sicherheitsgurte. Optional kann man auch noch ein Dach verbauen und sogar Fahrerkabinen aus Zeltstoff, oder aus GFK wenn es stabiler sein soll. 

Ich fahre lieber nur mit, weil ich im Gelände total unerfahren bin und garantiert die falschen Entscheidungen treffen würde, wenn ich in eine Spurrille komme, oder wenn es Steilstücke gibt und dann noch der ganze Matsch, der es bergauf nicht leichter und bergab noch komplizierter werden lässt. Die anderen sind alle so enthusiastisch, dann sollen die sich doch austoben und ich mache Euch lieber ein paar Fotos davon. 

Natürlich macht das Spaß durch die Landschaft zu fahren und ich stelle mir vor, was in Deutschland passieren würde, wenn man da durch den Wald knistert. Höchstwahrscheinlich würde einen der Förster an der ersten Wegegabelung erschießen und nach fünf Minuten stünde die Behörde und eine Bürgerinitiative an der Strecke. 

Hier  kann man gut sehen, wie tief die Fahrspur ist und wie matschig die Strecke ist.

Hier haben sich auch schon die ersten festgefahren. Mit dem Unterboden aufgesetzt und bei dem Matsch keinen Grip mehr auf den Reifen. 

Da kommt dann der Guide (nur echt mit Jogginghose) und schiebt das Side by Side wieder frei, oder setzt sich selbst ans Steuer, oder hat eine Idee wie es gehen könnte und gibt Anweisungen, wie man sich aus der Situation befreien könnte.

Läuft mit dem Guide.

Rumpel, rumpel, schramm, schramm….

Tolle Strecke, die vom Fahrer und vom Fahrzeug echt alles verlangt. Ich bin froh dass ich die Fotos machen kann und nicht am Steuer sitze.

Bergab ist die Frage immer, wie stark die Motorbremse des Fahrzeuges ist. Das hängt immer von der Bauform des Motors ab und der Fahrer muss wissen, wann er laufen lässt, Gas gibt, oder bremst.  Dazu sage ich Euch noch was, wenn ich den dritten Tag und die Quadausfahrt beschreibe, bei der es dann richtig durch die Landschaft geht.

Hier kommt gerade der neue Maverik mit dem Abschlepper rein. Bei dem ist unterwegs der Keilriemen gerissen, weil es beim Quadfahren immer solche Stoßgaskünstler gibt. Das müsst Ihr Euch so vorstellen, wie die Mantafahrer an der Ampel, die da im Leerlauf, oder mit getretener Kupplung bei rot stehen und sinnlosen Lärm veranstalten, um zu zeigen, was sie für nen geilen Auspuffklang haben. 

Der Unterschied liegt bei diesen Fahrzeugen aber darin, dass sie eine stufenlose Variomatik mit einem Keilriemen  haben. Da hat man keinen Leerlauf, wie beim Schaltwagen, oder eine Kupplung um den Vortrieb zu trennen. Wenn man da Gas gibt, dann geht es immer direkt auf den Keilriemen und damit macht man den kurzfristig kaputt. Der reißt dann irgendwann beim Fahren, weil in dem Motor 150 PS an der Mechanik reißen. Mir ist jetzt nach 15 Jahren Quad auch klar geworden, was die Leute mit ihren Fahrzeugen machen, die mich immer so pissig anrufen, dass Ihre gerade kürzlich erworbenen Keilriemen schon wieder gerissen sind. Ist natürlich immer ein Materialfehler und sie wissen gar nicht wie das passieren konnte. Ist klar! 

Am Ende des Nachmittags sahen alle inklusive der Fahrzeuge aus wie Sau, aber das gehört zum Thema Quad einfach dazu. 

Abends gab es dann eine Preisverleihung für die besten Händler aus mehreren Nationen in verschiedenen Kategorien und kein Büffet, sondern für alle das gleiche Menü, ohne vorher gefragt zu haben, ob jemand irgendwas nicht isst. Das ließ mein Puls schlagartig anschwellen, denn ich wusste, dass sie mich wieder an irgendeiner Stelle erwischen werden und irgendwas mit Fisch dabei sein wird. Ich würde bei solchen Anlässen mal gerne keinen Gang komplett zurückgehen lassen müssen.

Hier ist das Restaurant, vorne auf der Bühne werden die Preis verliehen.

Gleich beim ersten Gang haben sie es mir mal wieder so richtig besorgt. Garnelenpastete! Natürlich aus der Fritteuse mit Industrieremoulade. Ich bin sowieso raus und das schien auch nicht so richtig bei vielen anderen zu punkten. Ich saß in Sichtweite der Küche und konnte sehen, was die an Resten auf den Tellern wieder reinschleppten.

Der Hauptgang ein Wurstbrät das eine rumänische Bifi umschlingt und von Bacon ummantelt wird. Natürlich wieder mal kalt und ein Karoffelkretin, äh Gratin, das immerhin warm ist. Das kann die Polizeikantine in Berlin Marzahn wochentags besser zum Mittagessen für € 4,40 und ich verzweifel echt an dieser Küche. Höchstwahrscheinlich wissen die gar nicht, dass sie in einem vier Sterne Hotel arbeiten. Sowas habe ich noch nie erlebt, dass es zwischen Hotel und Küche so ein Gefälle gibt.

Der Nachtisch ist ein Schokoladenkuchen mit Marmeladenfüllung, der hier auch im Leben nicht selbst gebacken wurde. Wieso rege ich mich eigentlich noch auf? Ich wette auf rumänisch gibt es das Wort Berufsehre nicht… Alter!

Decken wir einfach den Mantel des Schweigens über das Essen, während Ihr noch vor den Bildschirmen feiert, wie sie mich hier seit Tagen grillen. 
Morgen geht es dann auf die Piste und stundenlang durch den Wald. Hören sie den Copiloten Glatzkoch sagen. “ich glaube die linke Spurrille ist zu tief”, bevor das Side by Side auf die Fahrseite kippt…

Hier kommen die kompletten Folgen vom Anfang bis zum Ende:

Berlin – Brasov 1600 Kilometer bis Rumänien

Glatzkoch in Rumänien Tag 1

Glatzkoch in Rumänien Tag 2 Teil 1

Glatzkoch in Rumänien Tag 2 Teil 2

Glatzkoch in Rumänien Tag 3 Teil 1

Glatzkoch in Rumänien Tag 3 Teil 2

The return of the Glatzkoch 5 Länder am Stück

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6 Kommentare

  • *lol*
    Lebendige Beschreibung. 😀

    Kleine Tip zum Fahren bei Spurrillen:

    Als Fahrer eines tiefergelegten 523er BMW, der damit auch schon mal auf Wald- und Feldwegen fährt (wir fahren damit zuweilen quer durch Deutschland, nutzen es als 'Schlafmobil' 🙂 ) kann ich raten, bei Spurrillen etwa 30 Zentimeter versetzt zu den Rillen zu fahren. Also immer schön AUF den Huckeln fahren, und nicht IN den Rillen. Das klappt in der Regel perfekt. 😉

    • geil, freut mich wenn das jemand liest. du scheinst ja nicht vom kochen zu kommen, oder?

    • Wieso? Weil ich weiß, wie man mit Spurrillen umgeht? 😀

      DU hast mit den Spurrillen angefangen! :-p 😀

      Ich koche, gelegentlich. Zu selten, als das ich selbst alles ausprobieren/umsetzen könnte, was Dein wunderbarer Blog so an Anregungen hergibt.

      Aber, meine bessere Hälfte liest hier auch mit. 🙂

    • super konter, ich habe mit spurrillen angefangen, obwohl ich keine ahnung davon habe. deswegen koche ich jetzt auch wieder und lasse die finger von anderen themen

  • "Wieso rege ich mich eigentlich noch auf?" Schlapplach*

    Die bringen dich zur Kapitulation

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