Hefeteig für Pizza, der entzauberte Mythos
Hefeteig für Pizza, der entzauberte Mythos
Es ist ja nicht so, dass es außer der Angst, dass mir der Himmel auf den Kopf fallen könnte, viele Dinge gibt, vor denen ich Bammel hätte, aber Hefeteig klang immer so schwierig und so nach potentiellem Misserfolg, dass ich darum einen riesigen Bogen gemacht habe, weil die Mengen und Mischverhältnisse so kompliziert sind und dann muss man noch mit der Temperatur aufpassen und die ganze Bude sieht hinterher aus wie Sau, die schwere Kneterei und dann noch die Küchengerätearmada mit Knethaken und am Ende steht man da mit einem Teig, der sich irgendwo zwischen Keks und Gummi ansiedelt und kann das Pizzataxi anrufen.
Ich gebe es ja nicht gerne zu, aber ich habe jahrelang gesündigt und mir fertigen Pizzateig aus dem Kühlregal gekauft. Irgendwann gingen mir die ganzen Zusatzstoffe, die auf der Packung vermerkt waren, aber so auf die Ketten, dass ich mir gesagt habe, das muss jetzt mal aufhören und jetzt traust du dich an deinen eigenen Pizzateig ran. Ich habe erstmal überall im Netz geforscht und auch ein paar Rezepte ausprobiert und nach und nach meine Erkenntnisse gesammelt, handwerklich ausprobiert und auf meine Bedürfnisse zugeschnitten, vom Werkzeugeinsatz minimiert, bis ich sie jetzt narrensicher beim Kochen für doofe zum Besten geben kann.
Also los geht’s mit pikantem Hefeteig für Pizza, Pizzabrötchen, Focaccia und andere köstliche Backwaren
Oberstes Gesetz:
Wir nehmen niemals Trockenhefe, eher wird Schalke deutscher Meister (letztmalig 1958)! Das Zeug ist des Teufels und kann nix und wenn wir schon alles frisch machen, fangen wir bei der wichtigsten Zutat nicht mit einer Tüte an.
Zutaten für einen bunten Pizzaabend mit 4 Personen:
600 Gramm Mehl in einem Litermaß abmessen
genügend zusätzliches Mehl zum Arbeiten bereit halten (wichtig)
2 EL Olivenöl
450 ml sehr warmes Wasser
1 EL Salz
1 Würfel Hefe, oder 1/2 Würfel, wenn Ihr nicht so auf Hefe steht
100 ml Wasser bis maximal 40 Grad Temperatur zum Auflösen der Hefe
1 Prise Zucker
Warmes Wasser, Mehl, Salz, Öl in die Schüssel kippen und mit einem Löffel umrühren. Kneten ist nicht notwendig und das was der Teig vor der Zubereitung zu feucht ist, gleichen wir dann später beim Verarbeiten wieder mit Mehl aus, das ist der Trick
In der Zwischenzeit wird die Hefe aufgelöst. Nicht schüchtern sein, und rein mit dem Würfel. Wer meint solche Angaben wie 12 gramm beim Kochen verwenden zu müssen, sollte lieber Chemie studieren. Wie immer gilt beim Glatzkoch, viel kann viel, soll ja auch aufgehen, das Zeug. Das Wasser darf nicht wärmer als 40 Grad sein, also so, dass es warm ist, aber nicht weh tut, wenn man mit den Händen rein fassen würde. Hefe hat leider die dumme Angewohnheit bei mehr als 40 Grad abzusterben. Deswegen da bitte ein wenig vorsichtig sein. Aus diesem Grund, nehme ich auch das noch wärmere Wasser beim Teig, weil das ja bis die Hefe gut ist, schon kälter geworden ist, aber jedes Grad, das uns kurz vor die maximalen 40 Grad bringt, läßt den Teig besser aufgehen. Dann gibt es da noch etwas, das die Hefe zum Arbeiten bewegt, also gleich noch eine Prise Zucker einstreuen, weil das wie ein Turbo wirkt. Hefe soll mindestens 10 Minuten gehen, je länger je schöner. Haltet mal Euer Ohr an die Hefe, dann könnt ihr die Kohlensäure hören, die dort gebildet wird. Ohne Haare am Kopf fallen auch keine ins Gefäß. Eins zu null für den Glatzkoch!
Anschließend die aufgelöste Hefe zum Teig geben. Nach den üblichen Hefeteigregeln, ist das natürlich viel zu feucht, ABER jetzt könnt Ihr das weiter mit dem Löffel rühren, braucht keine Maschine und macht Euch die Hände nicht beim Kneten schmutzig. Also immer weiter rühren, bis eine homogene breiige Masse entsteht.
So soll das hinterher aussehen und jetzt kommt nach Liebe wieder die zweite kostenlose Zutat ins Spiel, die Zeit
Umfüllen in eine Schüssel, mit einem Handtuch abdecken. Wer hat, stellt es an die Heizung, oder an den Ofen und nicht vergessen, über 40 Grad ist einmal abwaschen und nochmal von vorne machen….
Je länger der Teig zum Gehen hat, desto besser geht er auf. Bis zu ein paar Stunden, kann das schon mal gehen. Ist toll, wenn man etappenweise, über den Tag verteilt, das Essen vorbereiten möchte. Eine halbe Stunde sollte es auf jeden Fall sein, aber besser eine Stunde.
Jetzt ist der Teig schön aufgegangen und wenn man mit dem Löffel durchrührt zieht er richtig Fäden. Nun kann man den Teig weiter verarbeiten, oder noch besser, man kann den Teig in den Kühlschrank stellen und dort bis zu einer Woche reifen lassen. Der wird jeden Tag noch besser, zarter, geschmackvoller. Dafür nimmt man am besten Gefrierdosen und beim Einfüllen darauf achten, dass man die nur halbvoll macht, weil der Teig darin noch weiter aufgeht. Falls man darauf nicht achtet, kommt einem am nächsten Tag der Kühlschrank entgegen und weil das kochen für doofe heißt, könnt Ihr mir glauben, dass ich weiß, wovon ich rede, meine Frau übrigens auch 😉
Bevor sich jetzt jemand fragt, was soll ich mit so einem klatschnassen Hefeteig im Kühlschrank, wie geht es weiter, hier noch, ohne auf die eigentlichen Pízzarezepte einzugehen, den weiteren Verarbeitungsvorgang im kurzen Abriss. Arbeitsfläche großflächig mit Zeitung auslegen, dann hat man beim Saubermachen später nicht soviel zu tun. Ich verwende runde Pizzableche, deswegen rolle ich den Teig auf einem Runden Holzbrett aus
Das Holzbrett wird großzügig bemehlt, der Teig ist ja sehr feucht und das müssen wir jetzt vor dem Ausrollen wieder soweit ausgleichen, dass der Teig zwar immer noch sehr elastisch ist, aber weder am Brett festklebt, noch am Nudelholz. Das klingt nur wie die Quadratur des Kreises. Das spürt man auch als doofer in den Fingern, wenn der Teig richtig ist. Einmal nachmachen, dann wisst Ihr, was ich meine.
Mit einem Esslöffel, oder Kochlöffel, je nachdem was ihr zum Teigrühren genommen habt, einen Teigklecks auf das Arbeitsbrett geben und anfangen den Teig im Mehl zu wälzen, bis ihr merkt, dass der Teig von aussen nicht mehr klebrig ist.
Dann fängt man an zu kneten, um das Mehl auch im Teig einzuarbeiten. Man spürt das dann auch an den Fingern, dass der Teig immer weniger klebt, je mehr Mehl man einarbeitet. Der Teig bleibt so aber deutlich elastischer, als ein von Haus aus trockener Hefeteig. Das merkt ihr später beim Ausrollen und hinterher nach dem Backen sowieso
Jetzt ist die Konsistenz so, dass man mit dem Ausrollen beginnen kann. Ich habe ein ganz einfaches Nudelholz
Der elastische Teig breitet sich kinderleicht mit dem Nudelholz aus
Wenn man das ganze Brett einmal bis an die Ränder mit Teig bedeckt hat, kann er in die Pizzaform. So perfekt, wie Ihr den Teig gemacht habt, geht er mühelos vom Brett ab und ihr könnt es in die Pizzaform umfüllen.
Wer es ganz gut machen möchte, lässt den Teig jetzt noch in der Form ruhen und hat vor allem ein paar Pizzaformen zuhause, damit es dann irgendwann auch mal voran geht. Das Belegen und backen machen wir dann als nächstes, aber jetzt habt ihr schon mal einen Quantensprung gemacht. Pizzateig ohne Chemie und die Vorfreude auf die beste Pizza Eures Lebens, versprochen!!
Hier geht es zu den verschiedenen Pizzen:
Der gleiche Teig geht auch für:
Sodele, Pizza ist im Ofen. Geschmackstest steht also noch aus. Aber eins kann ich dir schon mal sagen: Ich hatte ja nie Angst vor Hefeteig oder so. Ging auch immer super bislang. Aber ich hab noch nie einen Hefeteig in den Fingern gehabt, der sich so geil (um bei deiner Wortwahl zu bleiben *gg*) verarbeiten ließ wie dieser hier!! Wenn DER SCHMECKT – dann mach ich das nie wieder anders. Und nächste Woche dann mal "Schmotzbearda" mit dem Teig 😀
Alles Liebe
Luci
dankeschön für´s Rezept
bitte gerne. das ist glaube ich, das beste was ich je erfunden habe.
Schuss Sahne rein, dann wird der Teig nicht so trocken.
Pfui….
nee, da wird ja der pizzabäcker in der pfanne verrückt.
Hallo Jörg,
hab heute deinen Hefeteig versucht, am Ende leider dann mit Trockenhefe (tja, wenn man das Schälchen mit der frisch angerührten Hefe über den Boden kippt… – nächstes mal dann richtig) mit der frischen Pizzasoße dazu – war sehr lecker. Der Herr des Hauses hat die Pizza bis auf den letzten Bissen verputzt, so gut hat sie ihm geschmeckt. Einen Rest Teig hab ich noch im Kühlschrank für Semmeln, mal sehen ob da noch Burger draus werden die Woche.
Der Espressokuchen wartet noch auf seine Dulce de leche Füllung (gekocht ist die Dose schon) und ich freu mich schon darauf.
Danke für deine Rezepte!
Viele Grüße,
Muria
hallo muria, du bist neu auf meinem blog, oder? herzlich willkommen. ich freue mich über jeden, der irgendwas nachkocht und auch feedback gibt, ob das alles so geklappt hat, wie in der beschreibung beschrieben. wenn du burger brötchen machen möchtest, würde ich zu einem teig mit hefe, ei und milch raten, den habe ich auch im blog, aber mit ciabatta brötchen schmeckt das natürlich auch ganz toll, nur dass die eben deutlich härter werden, als milchbrötchen. gutes gelingen und gerne öfter in den kommentaren. schönen gruß jörg
Guten Morgen Jörg!
Ich lese schon seit ein paar Wochen hier mit und habe dir beim Apfelkuchen gehobelt auch schon einen Kommentar da gelassen^^
Vielleicht mache ich dann lieber nochmal eine Pizza draus und backe die nur mit der Tomatensoße vor um sie dann einzufrieren (hab ich hier auch schon irgendwo bei einem Kommentar gelesen).
Viele Grüße,
Muria
Nen ganzen Würfel Hefe auf 600g Mehl ist ja echt total brutalo! Aber sonst ganz unterhaltsam dein Blog!!!
danke roberto, ich mag den geschmack von hefe. wer weniger nehmen möchte, kann weniger nehmen. einfach mal den teig nachmachen. jeder der den mal gemacht hat, ist hinterher davon überzeugt. das kommt beim aufmehlen noch mehr mehl in den teig, wenn man den teig ausrollt. es bleibt nicht bei den 600 gramm beim anrühren.
Hallo,
habe gerade Deinen Pizzateig genossen – ich bin begeistert. Habe schon viele Teige ausprobiert, auch solche mit diesen Mikromengen an Hefe. Aber keiner kommt an Dein Rezept hin!! Gefallen hat mir auch, dass er gut gesalzen ist, das ist bei den anderen Teigen auch gerne mal Mangelware. Ich hatte den Teig 2 Tage im Kühlschrank, eine Stunde vor der Verarbeitung heute aus dem Kühlschrank und dann hatten wir lecker Pizza! Vielen Dank!
vielen danke zausi! du kannst auch einen halben würfel hefe nehmen, aber ich mag eben den geschmack von hefe. wichtig ist, dass die hefe frisch und keine trockenhefe ist. freut mich sehr, wenn wir der teig gefällt. ich habe den bestimmt schon 100 mal gemacht, wenn es reicht. für pizza, für brötchen und brot. ist total einfach und gelingt immer. schönen gruß jörg
Nie mehr anderen pizzateig :-))) der geilste ever
Werde bald auch die weiteren Rezepte zum Teig probieren, jeden Tag ne Pizza pack ich net;)
Mein Mann ist auch mega begeistert von den nachfekochten Rezepten aus deinem Blog, so geiles Fleisch hät er ja noch nie gegessen (gestern gabs pulled pork) und davor Hähnchen, also es wird weiter viel nachgemacht, dein Blog ist mittlerweile studiert*lach*
das sind doch gute neuigkeiten. das freut mich, wenn du zum gleichen ergebnis kommst wie ich, was den teig betrifft. wäre ja doof, wenn ich der einzige wäre, der den für tauglich hält. beim fleisch halte ich mich einfach nur an die kochphysik. wenn man das macht, kann nichts schief gehen. weil das nur die wenigsten machen, kannste jetzt erstmal ordentlich glänzen und man merkt natürlich den unterschied. läuft bei dir. schönen gruß jörg
Den Teig hab ich mittlerweile schon sechs Tage bei mir im Kühlschrank und der ist total cool zum verarbeiten alles haargenau wie du es beschrieben hast. Der Teig ist richtig toll und sooo weich und natürlich auch lecker anschließend 🙂
Hab genau mit dem Thermometer auf die Grad Anzahl beim Wasser geachtet also es klappt wunderbar und ich konnte mich mit dem Hefeteig seit Jahren nicht anfreunden bis vor kurzem inzwischen habe ich das Prinzip verstanden 🙂
hallo julia, das ist so wenn das leute ohne ahnung, für andere ohne ahnung schreiben. dann klappt es plötzlich und aus der situation heraus, bekommt man dann die routine, um sich auch an andere gerichte mit hefeteig zu wagen. wäre ja auch doof, wenn bei dir etwas anderes passieren würde, als im rezept beschrieben