Ist schon o.k, aus Österreich fliege ich jetzt auch raus! Ich habe immer noch meinen Urlaubsrezeptewälzer von 1992 am Wickel und bin schon bei Österreich angekommen. Ich betrachte das mit einem Augenzwinkern und denke mir oft, wenn ich den fast fünfundzwanzig Jahre alten Schmöker lese, dass das ziemlich zeitgenössische Rezepte sind, an denen man sehen kann, wie zu der Zeit gekocht und eingekauft wurde. Gefühlt war es damals noch deutlich regionaler als jetzt und viele Produkte, die wir heute selbstverständlich kaufen, gab es das noch gar nicht, oder nur mit Mühe zu kaufen, wenn man nicht gerade gewohnt hat, wo sie wuchsen, oder produziert wurden.
Zutaten für 4 Personen:
600 Gramm Rindfleisch zum Schmoren in meinem Fall falsches Filet
4 Zwiebeln
500 Milliliter Brühe
1 Knoblauch
Peperoni
4 Eier
1 Bio Zitrone
300 Gramm Nürnberger Würstchen
1 Becher 200 Gramm Creme fraiche
Schmalz
2 Esslöffel Majoran
Ich schicke das mal vorweg, dass ich noch nie Fiaker-Gulasch gegessen habe und was noch viel schlimmer ist, ich mochte Wien noch nie, seit ich da mal mit zwanzig Jahren und der Berufsschulklasse, für vier oder fünf Tage war und dort vor lauter Unwohlsein Magenstechen hatte, das genau in dem Moment aufgehört hat, als ich zuhause wieder aus dem Bus gestiegen bin. Ist lange her, aber in jedem Lokal haben sie einen beschissen, Getränke teurer abgerechnet als auf der Karte, dann immer dieses Gekober mit den Backwaren auf dem Tisch, die da so rumstehen, wie zur freien Verfügung, um am Ende auf der Rechnung zu stehen und das weiß ich jetzt nicht mehr genau, aber es würde mich in dem räuberischen Alpenreich auch nicht wundern, wenn sie einem noch Geld für das Besteck wie in Italien abknöpfen würden, zumindest wenn man da als Deutscher (Piefke), kann man das zu Gast sein nennen, einen Aufenthalt verbringt. Ich weiß mittlerweile aber, dass Wiener im Rest Österreichs so beliebt sind wie Fußpilz, ähnlich wie Berliner in Deutschland. Da ich dort aber schon ein paar Jahre und das auch sehr gerne lebe, könnte ich mir vorstellen, dass ich mittlerweile auch in Wien nicht mehr unter Magenschmerzen leiden würde und das heute mit anderen Augen sehen würde. Damals war ich halt noch smalltown boy.
Ich habe zwei verschiedene Gulaschzubereitungen auf dem Zettel, deswegen habe ich mir gleich ein größeres Stück falsches Filet gekauft. Das falsche Filet hat ein paar ganz üble Sehnen, deswegen kann man es nur zum Schmoren nutzen, aber dann ist es ganz tolles Fleisch. So ein Gulasch ist auch keine große Kunst, aber es eignet sich besonders gut, um Grundtechniken beim Kochen anzuwenden und damit im Alltag immer besser zu werden. Deswegen war mein Ansatz, egal wie original, oder wie verpiefket das Rezept ist, ganz sauber und ordentlich zu arbeiten und damit ein echtes Geschmackserlebnis zu erzeugen.
Das Fleisch habe ich nach bestem Wissen und Gewissen pariert. Erstmal die Silberhaut oben abziehen und alles was an Sehnen weg kann..
Hinten rechts, das was mit einem scharfen Messer mit relativ Aufwand vom Fleisch runterschneiden und abziehen kann, für ein besseres Mundgefühl auf dem Teller. Aus den Abschnitten könnte man auch Brühe kochen, wenn man noch mehr “Abfälle” zu verarbeiten hat.
Jetzt ist das Fleisch schön abgezogen.
In Scheiben schneiden
Das Fleisch würfeln
Schmalz in der Pfanne erhitzen. Die Idee verdankt Ihr auch dem Reisekochbuch. Schmalz habe ich ewig nicht benutzt und das ist sowas wie meine persönliche Entdeckung des Jahres, dass man damit so gut bräunen kann.
Das Fleisch portionsweise anbraten, nicht alles auf einen Schlag in die Pfanne geben, sondern zumindest auf zwei Anbratvorgänge aufteilen.
Wenn man nur einen kleinen Teil der Fleischmenge zur Zeit anbrät, dann kann man sehen, dass das Fleisch weniger schrumpft und auch nicht so viel Flüssigkeit abgibt und vor allem deutlich schneller bräunt. Maximal sollte man 500 Gramm zu gleichen Zeit anbraten, wenn man nicht gerade eine Hotelküche bespielt.
Wenig Fleisch pro Durchgang plus Schmalz und große Hitze kommen jedenfalls echt gut.
So sieht das Fleisch nach dem Anbraten aus.
Während die zweite Ladung anbrät, die Zwiebeln häuten und zerkleinern.
1 Knoblauch häuten und zerkleinern.
Wenn beide Fleischladungen angebraten sind, kommen sie wieder zusammen in die Pfanne
Und nun werden die Zwiebeln mit dem Knoblauch und dem Fleisch weiter angebraten.
1 Peperoni darf bei mir für den guten Geschmack auch nicht fehlen.
Eine Biozitrone ist Pflicht, weil wir die Schale brauchen
Ich habe meine Parmesanreibe benutzt, um die Schale zu reiben. Das duftet so schon gut, aber geschmacklich bringt das für das Gericht ganz viel Frische.
Wenn die Zwiebeln braun sind, kommt der Zitronenabrieb in die Pfanne
Einen Esslöffel Majoran in die Pfanne geben.
2 Kellen Brühe, also insgesamt einen halben Liter zum Fleisch geben.
Damit löst man die Röstaromen aus der Pfanne, in diesem Fall ist das ein
Wok von
diePfanne.com, der beim Anbraten und schmoren echt tolle Dienste leistet.
Danach ordentlich verrühren, schauen wie die Brühe schmeckt, ob schon abzusehen ist, dass irgendwas fehlt, wie Schärfe, oder Salz. Das kocht alles noch ein und gerade beim Salz, wäre ich jetzt noch vorsichtig
Deckel auf den Wok oder Schmortopf legen und auf die kleinste Platte umziehen, das Fleisch nur leicht simmern lassen und mindestens zwei Stunden schmoren.
Das ist eine Arbeit die kann man auch schon am Vortag machen, bevor man das Essen serviert. Dann macht es sich also fast nebenbei, wenn man die Schnippelei und das Anbraten hinter sich gebracht hat. Das Fleisch ist danach butterzart und die Soße ist ein echter Traum mit der Zitronenschale.
Falls man das Fiaker-Gulasch am nächsten Tag wieder aufwärmen will, dann muss man auch wieder mit geringer Hitze langsam vorgehen, damit man sich die schöne Fleischstruktur nicht wieder kaputt macht. Wenn das Fiaker-Gulasch serviert werden soll, geht es nun an die anderen Komponenten. Der Verlag Essen und Trinken war 1992 der Meinung, dass man für vier Personen vier Eier kochen solle. Bei späteren Vergleichen, habe ich bei anderen Rezepten gesehen, dass man keine gekochten Eier verwendet, sondern Spiegeleier. Keine Ahnung, ob die sich mit der Idee total frivol fühlten, aber man kann das auf jeden Fall machen, wenn man auch ein Einreiseverbot nach Österreich riskieren mag.
Schmalz in der Pfanne erhitzen
300 Gramm (eine Packung) Nürnberger Würstchen braten. Spätestens jetzt bricht in Wien wohl die Revolution aus, weil man dort an den Spitzen eingeschnittene Würste nimmt, die eher einem Wiener Würstchen ähneln und sich dann beim Braten an den Spitzen aufbiegen.
Wenn man diesen Fakt außen vor lässt, dann stellt man hinterher fest, dass es auch mit kleinen Bratwürsten total lecker schmeckt. Ich weiß es ja nicht besser.
Kurz vor dem Servieren kommt ein Becher Creme fraiche ins Gulasch und wird eingekocht.
Hier, da war ich mal begeistert, von meiner neuen Pfanne, von diePfanne.com. die gibt es noch gar nicht zu kaufen, aber geht richtig ab und macht tolle Farbe und das ganz schnell. Gutes Werkzeug ist echt durch nix zu ersetzen. Die habe ich gerade in Benutzung, um zu schauen, wie sie sich im Vergleich zu meinen Edition Pfannen der gleichen Marke verhält. Die haben mich durch das ganz letzte Jahr gut begleitet und ich habe mit und durch die Pfannen eine Menge über kochen gelernt, aber das neue Teil ist noch einmal einen Zacken schärfer. Wenn es das Höllengerät zu kaufen gibt, sofort zuschlagen. Im Moment ist noch Testphase, ob die Beschichtung hält und wie die Pfanne die Temperatur leitet und wie sie sich Pfanne verformt. Ich finde sie toll, ohne leicht zu begeistern zu sein.
Die Soße ist eingekocht und die Creme fraiche hat sie gut gebunden. Da muss man gar nichts mehr machen.
Noch einen Esslöffel Majoran an die Soße geben und prüfen ob noch Salz oder Pfeffer rein gehören, oder ob das setup stimmt.
Beim Anrichten war ich mir nicht sicher, was auf Fotos am besten aussieht, weil Gulasch auf Bildern schnell wie Durchfall aussieht und anrichten und fotografieren einfach nicht meine Domäne ist. Ich habe auf einem flachen Teller angefangen.
Tradionell reicht man dazu Brötchen, in Wien nennt man das wohl eher Semmeln. In so ner Beisl (Wiener Wirtshaus), hätten die auf dem Foto gezeigten, bestimmt für Deutsche € 75,20 gekostet, zusätzlich zum Gulasch. Küss die Hand, gnä’ Frau, beehren sie uns bald wieder. Kompliment!
Das Fleisch ist super zart, die Soße durch die vielen Röstaromen vom Anbraten und das lange schmoren, gebunden durch die Creme fraiche, ein echter Traum in dem man baden möchte. Das mit den Würstchen und dem Ei, kommt auch total gut. Hatte ich wie gesagt noch nie und finde es urwüchsig und rustikal.
Ich habe das Fiaker Gulasch dann noch einmal in einem tiefen Teller angerichtet,
aber das war quasi schon abends in der Dämmerung und dann wird irgendwie viel Licht geschluckt.
Das ist mein erstes Gulasch bei dem ich mich von den klassischen Wegen verabschiedet habe, besser angebraten, bei den Zutaten mit der der frischen Zitronenschale mal einen ganz neuen Akzent geliefert und mit Creme fraiche arbeite ich auch so gut wie nicht. Es war der Start für meine neue Leidenschaft für Schmalz. Für mich ist es deswegen ein sehr wertvolles Gericht und ich habe nicht erwartet, dass es so toll schmeckt
Als Gulaschunkundiger habe ich mich gewundert, dass in dem Rezept keine Paprika vorkommt, aber ich habe das geschmacklich auch nicht vermisst. Höchstwahrscheinlich hat jede Familie in Gulaschgegenden ein eigenes Rezept und alle haben sie recht. Das Gericht ist jedenfalls total neunziger und deutlich besser, als ich zu der Zeit gegessen habe.
Ich wünsche viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Appetit.
Sorry Glatzkoch, das ist kein Fiakergulasch! Ein Fiakergulasch ist ein Gulasch mit einenem Wiener Würstl gebraten, einem gefächerten Essiggurkerl und einem Spiegelei. Wiener Würstel sind in Österreich "Frankfurter" und schmecken auch ähnlich. Hier ein Rezept für ein echtes Fiakergulasch:
1 kg Wadschinken (vom Rind)
Eier (4-6 Stück)
5 Essiggurkerln
2 Paar Sacherwürstel
750 g Zwiebeln
150 g Schmalz (oder Öl) 2 EL Paprikapulver (edelsüß)
1 TL Rosenpaprikapulver (oder scharfes Paprikapulver)
3 Knoblauchzehen
1 EL Tomatenpüree (ersatzweise 1-2 KL Tomatenmark)
1 EL Majoran
2 Lorbeerblätter
1 TL Kümmel (gehackt) etwas Essig
Salz
Pfeffer (aus der Mühle) Butter (für die Spiegeleier).
https://www.wien.info/de/einkaufen-essen-trinken/wiener-kueche/rezepte/fiakergulasch
viel Spass beim Nachkochen!
PS. Das "Körberl" war leider damals ein Service des Wirtes, man hat sich eine Semmel oder ein Flesserl genommen und am Schluss bezahlt, schade das es nicht mehr angeboten wird.
maria, das ist total lieb, dass du mir mit dem original rezept dienen magst. ich war mir schon vor meinem rezept sich, dass es extem neunziger ist und nix mit dem original zu tun hat. es gibt keine körberl mehr? auf nach wien!