Gefüllter Schweinebauch mit Geschichte

Das war mal eine steile Veranstaltung. Sonntag nachmittag in Berlin und Wetter bei dem man keinen Hund vor die Tür jagen würde. Dazu eine gestresste Ehestute, die unbedingt mal ein paar Stunden Familienpause brauchte. Da habe ich mir die versammelte Kinderhorde geschnappt und wir haben zusammen einen echten Abenteuertrip gemacht. Ich habe letztens zufällig ein vietnamesisches Einkaufscenter für Gewerbetreibende entdeckt, das auch am Sonntag geöffnet hat. Dort kaufen die ganzen Kleinhöker ihre Polyacrylklamotten und den ganzen Asiatand, den es in den obligaten Asienmärkten zu kaufen gibt. Zusätzlich gibt es dort auch immer noch Lebensmittelläden mit authentischen asiatischen Lebensmitteln, sogar den sprichwörtlichen Sack Reis.  Das erschien mir exotisch genug, um die Kinder mit einfachen Mitteln zu beschäftigen. 

Zutaten:

2 Kilo Schweinebauch ohne Knochen
Bacon
Honig
Salz
Pfeffer
Petersilie
Chiliflocken
Krautsalat

Dieser Vietnamesenmarkt ist eher konspirativ und wie gesagt, nur für Wiederverkäufer gedacht. Die Einhaltung der Ladenöffnungszeiten, steht da auch nicht wirklich im Vordergrund und es handelt sich um mehrere große Hallen, die auf einem ehemaligen Fabrikgelände errichtet wurden. Darin wird nach Herzenslust gequalmt, als wenn man sich mitten in Hanoi befinden würde und es kein deutsches Nichtrauchergesetz geben würde. Auch wenn Sonntag Nachmittag ist, ist alles voller Privatkunden, die mit Gewerbe so viel zu tun haben, wie eine Kuh mit Fahrradfahren. Hier möchte ich mal eine Razzia machen, danach ist keiner mehr da. Alter Schwede! Wir sind mitten in Berlin und hier ist ein komplett rechtsfreier Raum. Das hätte ich mitten in Deutschland ehrlich gesagt nicht erwartet, dass man hier wilder Westen, wie auf dem Polenmarkt spielen kann. Das ist nur meiner Verwunderung geschuldet, dass ich das jetzt so schreibe, ich persönlich finde das extrem gut, dass es Dinge gibt, die nicht so genormt sind wie Supermarktketten, oder Telefonhotlines und ich hätte nicht gedacht, dass sich sowas unter dem Auge der Behörden so etablieren kann. Kann mir keiner erzählen, dass die nicht wissen, was dort los ist.

In jeder Halle ist die gleiche Choreo, links ein asiatisches Restaurant, rechts ein Lebensmittelladen und dahinter dann ellenlang Schuhe, Klamotten, Elektro Bling Bling und die üblichen Verdächtigen. In dem Asia Lebensmittelladen fühlte man sich auf einen Schlag, als wäre man irgendwo nach Asien gebeamt worden. Exotische Früchte, asiatische Gewürze, handgeklöppelte Woks, Elektrogeräte, die noch nie irgendwas von CE Prüfzeichen gehört haben, jede Menge Produkte, die man noch nie gesehen hat und sensationelle Preise. Limetten 5 Cent das Stück (Kaufland 2 Euro für 6 Stück), Lauchzwiebeln 8 Cent (Kaufland 65 Cent). Die Fleischtheke war überschaubar, aber das was da war, sah richtig gut aus. Hier gibt es dann auch endlich mal Schweinebauch ohne Knochen. Das sehe ich sonst immer nur noch bei Metro, in Strängen die so groß sind, dass ich damit nichts anfangen kann. Hier habe ich dann endlich mal “nur” zwei Kilo bekommen, für vier Euro das Kilo. Meine Kinder waren in der Zeit damit beschäftigt sich anzuschauen, wie ein frischer Karpfen aus einem Bassin gefischt wurde und dann in einem Eimer mit einem Stromschlag getötet wurde. Ich finde Fisch ja sowieso schon ekelig, aber die Damen und Herren waren sehr interessiert und fanden das spannend. 

Der Schweinebauch war mit Herkunftsnachweis in Deutschland, wie man am Stempel gut erkennen kann. Ich habe noch nie so einen Schweinebauch zubereitet und ich hatte auch keine Lust, mir meine Neutralität durch lesen nehmen zu lassen, deswegen habe ich damit das gemacht, was mir logisch erschien. Da ich den Schweinebauch aufrollen wollte, dachte ich mir, dass die feste Schwarte nicht weich werden würde, egal was ich damit anstelle. Wer es besser weiß, schreibt mich bitte an. Deswegen habe ich die Schwarte mit einem scharfen Messer abgeschnitten.

Hier bin ich schon weiter fortgeschritten.

Und hier kann man die Schwarte dann komplett abnehmen. Ich habe die aber nicht entsorgt, weil das Fett gut bei der Zubereitung ist und dafür sorgt, dass der Braten saftig wird. Dazu kommen wir später.

Hier ist der von der Schwarte befreite Schweinebauch

Das ist die Innenseite.

Salz einmassieren und Pfeffer aus der Mühle darauf geben.

Mit Petersilie bestreuen

Mit Bacon belegen.

Dann noch ordentlich Honig darauf verstreichen, das macht auf jeden Fall einen guten Geschmack. Damit auch in Sachen Schärfe etwas passiert, habe ich noch Chiliflocken darüber gestreut.

Hier noch einmal als Nahaufnahme.

Dann wird der Schweinebauch gerollt. Man sollte darauf achten, dass man richtig fest rollt, damit der entstehende Rollbraten hinterher die Form hält. Ich habe das vorher auch noch nie gemacht und wollte mal schauen was passiert. Wenn man mit dem Fleisch nichts weiteres anstellen möchte, als einen Braten zu servieren, dann bekommt man das beste Ergebnis, wenn man den Scheinebauch mit Hackfleisch bestreicht und damit füllt. Dann ergibt das eine homogene Masse. Ich wollte aber nur testen was passiert, wenn man es einrollt, ohne größeren Zirkus außer Bacon und Honig und ein paar Gewürzen. Da ich den Rest weiter verarbeiten wollte, wäre mir Hack nur im Weg gewesen.

Also möglichst fest zusammenrollen

An der Nahtstelle, die ich auf dem Foto nach oben gedreht habe, lege ich wieder die abgeschnittene Schweineschwarte auf. Die sorgt dafür, dass das Fleisch nicht austrocknet.

Da liegt sie jetzt wieder lose, auf dem Fleisch.

Das habe ich auch noch nie gemacht, aber ein Mal ist ja immer zuerst. Den Braten mit Paketband einschnüren.

Möglichst kurze Abstände einhalten, damit nichts raus fällt. 

In meinem Bräter habe ich Olivenöl auf dem Herd erhitzt.

Braten in den Bräter legen und dann rundherum anbraten.

Wenn man den Braten rundherum angebraten hat, ein wenig Wasser in den Bräter geben, damit auch theoretisch nichts anbrennen kann. Ich habe den Ofen auf 120 Grad vorgeheizt, dann kann sowieso nichts passieren, als so wie man eine Unfallversicherung abschließt, in der Hoffnung sie nicht zu brauchen, habe ich halt ein wenig Wasser in den Bräter gegeben, damit es nicht anbrennt. Deckel auf den Bräter und ab in den Ofen damit. Alle halbe Stunde mal umdrehen. Bei der niedrigen Temperatur rechne ich 3 Stunden im Ofen.

Ich brauche am Ende eine Kerntemperatur von 80 Grad. Dann ist das Fleisch durch, aber nicht totgebraten und der Fleischsaft hat sich richtig darin gesammelt. Ich habe ein Bratenthermometer für ein paar Euro fuffzig. Wie man sieht, ist da eine Skala auf der man die optimale Kerntemperatur für verschiedene Fleischsorten drauf. Das sollte in keinem Haushalt fehlen, weil man damit Fehlerquellen minimieren kann.

Auf dem Foto ist die Kerntemperatur von 80 Grad erreicht, also raus zum Anschneiden.

Das macht schon mal einen schlanken Fuß

Die Fäden abschneiden.

Dann kann man die aufgelegte Schwarte leicht abnehmen. 

Ich nehme Keramikmesser zum Anschneiden. Hier kann man schön die Fleischfaser erkennen und wie saftig das Fleisch ist.

Hier ist das angeschnittene Fleisch. Das kann vor Saft kaum laufen.

Da tropft mir beim Foto anschauen schon wieder der Zahn.

Weil die Mutti dazu schon gleich wieder lange Zähne gemacht hat, mit der Begründung, ich mag das Fett nicht, habe ich das nur ganz schlank mit einem Krautsalat für mich zubereitet, damit ich Euch etwas zu berichten habe. Dafür kann sie auch nix, wenn sie total ahnungslos ist 😉

Das Fleisch ist super zart, zerfällt so unter Messer und Gabel und schmeckt durch die Würzung richtig lecker. Soße kann man dazu machen, muss man aber nicht. Ich weiß, dass viele vor dem Rechner sitzen und wegen des Fetts rumningeln. Das ist ein typisches Gericht, bei dem man sich seinen eigenen Horizont durch selbst kochen erweitern kann. Wagt Euch da ruhig mal trotz unbegründeten Vorbehalten ran. Ihr werdet es lieben, versprochen.

Das war Teil eins meines Experiments, was man aus so einfachem Fleisch rausholen kann und ich war begeistert. Schweinebauch hat durch das Fett und die Struktur auch die positive Eigenschaft, dass man es noch mal aufbraten kann. Dann wird es extra zart und schmeckt ganz toll. Vor allem brennt dann das Fett weg und den ganzen Pienzliesen gehen die Argumente aus, das nicht essen zu wollen. Das ist auch in der asiatischen Küche so, dass Schweinebauch mehrfach gegart, bzw. gebraten wird, weil man sich genau diese positive Eigenschaft, dass es eben nicht trocken wird, zunutze macht. Wenn Ihr mal meinen persönlichen Asienfachmann lesen wollt, hier schauen.

Hier schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die Beiträge, die noch kommen. Ihr seht, der zweite Vorteil ist, dass man für einmal Zeit investieren hinterher noch ganz oft davon profitieren kann und dann ganz schnell zu einem leckeren Essen kommt. Alles was nach dem Füllen und in den Ofen werden kommt, geht ja quasi von alleine.

Gebratener Schweinebauch mit Wirsingkohl

Das ist im wahrsten Sinne des Wortes die eierlegende Wollmilchsau. Damit kann man alles zaubern. Ich wünsche viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Appetit.

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12 Kommentare

  • Ist doch ein super Geschmacksträger! Hui und es sieht mal wieder fein aus. Wie oft am Tag kochst du so intensiv? Ein oder zweimal? Öfter??

  • melli, nicht sex mit kochen verwechseln ;-). kochen schaffe ich aus zeitgründen nur ein mal am tag. alles andere wäre auch ungesund. ich muss sowieso immer auf meine linie achten. oft koche ich auch nur was für meine frau und esse einen salat.

  • Fett ist Geschmacksträger. Mager ist bäh. Hast alles richtig gemacht.

  • erzähle das doch mal den ganzen unkundigen.

  • Ja, Fett ist schon Geschmacksträger. Kann aber auch glibber-knerfel-ekelig im Mund sein 😉 Ich bin ja für "Fett dranlassen zum Kochen und wegmachen beim Essen" – vielleicht ne Option für die liebste Dame des Hauses? 😉

    Sieht jedenfalls feinfeinfein aus! Ach so, ja – Metzgerladen ist bei euch kein anständiger in der Nähe? Da würdest du bestimmt auch nen schönen ausgelösten Bauch kriegen. Hier im Schwabenländle braucht man das ja für "g'scheite" Linsen *gg*

    LG, Luci

  • frau kehrwoche, für den gescheiten metzger fehlt mir die zeit und das geld. wenn ich nicht arbeite, hat der schon geschlossen. der metzger, dem ich das prädikat gescheit verliehen hätte, war letztes jahr mindestens drei wochen durch die behörde geschlossen, weil dort salmonellen gefunden wurden. dafür zahlt man aber das doppelte, als wenn man im supermarkt kauft. salat kommen da auch alle aus dem großen industrieeimer und die wurst wird weitestgehend auch nicht selbst gemacht sein. weil das bei den meisten schlachtern so ist, weiß ich nicht, wieso ich da mehr zahlen soll? außerdem deklarieren sie das ja auch nicht, welche wurst sie selbst machen und welche sie zukaufen. das ist mir ehrlich gesagt viel zu doof, mich so beschubsen zu lassen. mit bäckern ist das auch die gleiche nummer. wenn einer teurer ist und auch nur eine fertigbackmischung verarbeitet, wie der industriebäcker. dann kostet es nur mein geld, ohne mir nutzen zu stiften. daran kranken sowohl schlachter als auch bäcker, dass sie nur mehr nehmen, aber sich beim produkt nicht abheben.

  • Darum schrobte ich ja vom "gescheiten" Metzger 😉 Aber das ist halt wohl der Luxus des Landlebens. Hier wird noch selbst geschlachtet und der Bäcker setzt den eigenen Natursauerteig an. Bei der Wurst stimme ich dir zu, so viel kann unsere kleine Landmetzgerei gar nicht selbst metzgen, dass es so viel verschiedene Wurst ausgibt. Aber hier weiß ich tatsächlich, welche selbst gemacht ist (zum Beispiel die "eigene Salami" *gg*). Ich steh da ja drauf, dass ich zum Beispiel Bratwürste nur donnerstags und freitags kriege, weil die donnerstags gemacht werden und freitags ausverkauft sind. Oder dass es nicht jeden Tag alle Brotsorten gibt.

  • das sehe ich so wie du. hier gibt es alles jeden tag und nie gescheit. deswegen versuche ich, so gut wie möglich, alles selbst herzustellen. da ich nebenbei noch 50 oder 60 stunden die woche arbeiten gehe, endet da aber an irgendeiner stelle, die bandbreite der möglichkeiten.

  • Also, ich bin jetzt echt Dein Fan: nach den weltverändernden Frikadellen mit karamellisierten Zwiebeln hab ich mich an den Schweinebauch gewagt: günstig gekauft, und laaangsam zubereitet 😉 Dazu gab es gebratene Bohnen mit karamellisiertem Speck und Zwiebeln, selbstgemachte Süßkartoffelfritten und Deinem Minneapolis-Prince-Ketchup. Echt der Hammer! Dank Dir wird das Kochen mehr und mehr zum Hobby, von dem alle was haben. Danke! LG, Andy

    • hallo andy, ganz vielen dank für die nette rückmeldung. da geht es mir so wie dir. das ist mehr als einfach nur satt zu werden. es sollte halt nicht anstrengend sein und vor allem spaß machen. aber witzig, mit welchem rezept man die einzelnen leute so einfängt und wo sie danach bei welchen rezepten landen. weiterhin viel spaß und immer gerne gelesen. schönen gruß
      jörg

  • Das sieht doch schon sehr fein aus,wenn du nochmal ähnliche Rezepte suchst, dann schau mal bei Youtube unter Porchetta. Das ist ebenfalls eine Offenbarung.
    Vielen Dank für die tollen Rezepte, und die witzigen Sprüche.
    Ich sag nur " gesteßte Ehestute "
    Gruß Gerd

  • Stephan

    Denk mal an Eisbein bei der Schwarte, da kann man die ja auch locker mitessen weil sie zart gekocht ist.
    Allerdings wird das nicht jeder mögen im Rollbraten, und weniger dick lässt sich das auch besser aufrollen.

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