Bauchfleisch – viel aus wenig machen

Hier kommt die Wurzel meiner smart cooking Woche. Vor dem dritten Oktober Feiertag, bin ich abends nach zwanzig Uhr direkt von der Arbeit einkaufen gegangen. So richtig viel gab es da schon nicht mehr zu ergattern, aber ich gehe sowieso meistens ohne einen festen Plan einkaufen und das Angebot bestimmt darüber, was ich in der kommenden Woche koche. Ich suche mir dann auch gerne mal ein paar Herausforderungen für meine Familie, oder für mich, bei denen ich weiß, dass es mit der Zubereitung steht und fällt, ob das gegessen wird, oder auf dem Teller liegen bleibt. 

Zutaten für vier Personen:

1 Kilo Schweinebauch ohne Knochen, gepökelt, oder als Kassler
1 Bratenthermometer

Mehr nicht? Nö! Mehr nicht! Wenn man ein unbehandeltes Stück Schweinebauch kaufen würde, dann nähme man noch Salz und Pfeffer, aber mehr braucht es nicht. Das herauszufinden ist auch smart cooking, nicht mit Kanonen auf Spatzen zu schießen und seine Lebensmittel das sein zu lassen, was sie sind. Schweinebauch darf Schweinebauch bleiben. 

Dafür braucht man höchstwahrscheinlich erst einmal ein gewisses Alter, um das mögen zu können, oder man wächst von klein auf hinein. Ich bin in einer Zeit groß geworden, da war Fleisch nur gut, wenn es möglichst mager war. Fett wurde großflächig abgeschnitten, weil das iiiih und bäääh war und ich möchte mich heute nicht am Tisch sitzen haben, wenn ich noch so wie damals wäre. Die Einsicht, dass Fett ein Geschmacksträger ist, war bestimmt fünfzig oder sechzig Jahre nicht mehrheitsfähig und dieser Trend ein Tier ganz zu verwerten und nicht immer nur nach den Filetstücken zu schauen, wurde vielleicht vor fünf Jahren medienwirksam wiederbelebt. Das war auch nie anders, aber die Masse fand das dann eben zeitweilig ekelhaft, weil man vor lauter Nahrungsüberfluss das Fleisch in hochwertig oder minderwertig eingeteilt hat und dabei in Vergessenheit geriet, dass es nur gute, oder schlechte Zubereitung gibt.

Ich habe das Fleisch einfach aus der Verpackung genommen, in eine Ofenform verfrachtet, den Ofen auf 150 Grad eingestellt, den Schweinebauch auf die Schwarte gelegt und so lange nicht bewegt bis er eine Kerntemperatur von 80 Grad hatte. Die Zeit spielt dabei keine Rolle, bei mir sind es 2 Stunden gewesen. Ihr könnt auch 120 Grad nehmen und es dementsprechend länger im Ofen lassen. Ich habe auch nur Unterhitze in meinem Gasofen, wenn Ihr Unter- und Oberhitze habt, geht es sowieso alles noch schneller. Bei mir lief das zu später Stunde einfach so nebenbei. Alle halbe Stunde mal in den Ofen schauen und nach 1,5 Stunden die Temperatur messen und feststellen, dass noch ein paar Grad fehlen. Mehr ist es nicht und das finde ich verdammt smart, den Ofen die Arbeit machen zu lassen, während man irgendwas macht, wozu man gerade Lust hat.

So kommt das Fleisch aus dem Ofen und natürlich bin ich neugierig und gespannt, wie zart das Fleisch ist und wie es wohl schmecken mag.

Das sind die Momente in denen man dann eigentlich dumme Sprüche wie, Fleisch ist mein liebstes Gemüse irgendwie verstehen kann, weil das so zart ist und so gut schmeckt, dass man dieses Stück jetzt auf der Stelle und sofort komplett vertilgen könnte und eigentlich auch keine Scheibe Brot und keine Beilagen dazu bräuchte. Das wäre natürlich weniger smart. Ihr seht aber schon, wie da der Saft heraus läuft und wie zart das auf dem Foto ist? Ich hatte noch nie ein Rinderfilet das so zart ist und eigentlich lasse ich für ein Stück Rind echt jedes Schwein stehen, aber das ist in seiner ergreifenden Schlichtheit wirklich wow

Aufessen war keine Option, denn ich brauchte das Fleisch noch für mein Abendessen mit der Familie. Was frisch aus dem Ofen noch ganz toll schmeckt trotz Fett, kann kalt und dick geschnitten echt scheiße im Mund sein. 


Deswegen habe ich dann am nächsten Abend den Allesschneider aktiviert und nach sieben Jahren, habe ich es nun auch endlich kapiert, wie man den einstellen muss. Lieber spät als nie und zeitverzögert smart. Ganz dünn einstellen und gerade so, dass das Fleisch nicht reißt, das entspricht bei der Maschine Stufe 3.

Den ganzen Fleischtrümmer habe ich damit in dünne kleine Scheiben zerlegt, immer schön gegen die Fleischfaser. Dann schmeckt man das Fett nicht unangenehm und man hat ein gutes Mundgefühl. Die Kinder kamen schon beim Schneiden an und lungerten rum. Ich habe sie dann ein wenig angefüttert, damit sie am Tisch auch ordentlich heiß auf das Zeug sind und was soll ich Euch sagen, am Ende war ALLES komplett verspeist.

Das frische Roggen-Dinkel-Weizenbrot mit Krautsalat belegt

Bauchfleisch darüber legen. Bauchfleisch wäre an mir und meiner bornierten Grundhaltung echt fast spurlos vorbei gegangen, bis ich in der Zeitung Feinschmecker gelesen habe, dass das Zeug in irgendwelchen Sternetempeln glasiert, an bei und in Symbiose mit, serviert wird. Oh Mann, gut das ich nicht mehr wie früher ticke… 😉

Selbst gemachten Senf darauf verstreichen

Abendessen in einer neuen Dimension, mit Fleisch das einen richtigen Garpunkt hat, Brot das noch knackt, wie der Krautsalat und Senf, der einem die Schuhe auszieht. So geil kann ein normales Abendessen sein, mit Stulle! In der Zubereitungszeit sind andere schon nach New York geflogen, na und?

Wer sich selbst beschubsen möchte, damit der das Fett nicht sieht, legt oben noch eine Scheibe Brot drauf, dann muss sich niemand mehr das durchwachsene Bauchfleisch anschauen und kann sich auf den Geschmack konzentrieren. Ich muss mich da auch jedes Mal wieder überwinden, aber das ist echt Mädchenkram, weil unter dem Strich ist so ein Aufschnitt tausend mal besser, als irgendwas verwurstetes, bei dem man nicht mehr sehen kann, was es mal war. 

Meine Frau sagte nur, echt das ist Kassler? Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann wäre das nur halb so lecker gewesen. Verrückt, mit welchem Kinder- und Jugendwissen man sein Leben bestreitet, oder? Der persönliche Geschmack ändert sich ständig im Leben, also einfach mal Dingen eine Chance geben, wenn sie gut zubereitet wurden. Für mich steht jetzt jedenfalls fest, dass ich selbst Fleisch pökeln möchte. Kleine Randnotiz, der Schlachterbulle bei Kaufland hat mich ausgelacht, als ich Nitritpökelsalz kaufen wollte, mit dem Verweis, dass das nicht an Privatpersonen abgegeben wird, weil man darin auch ganze Menschen auflösen könnte. Danke für den wertvollen Tipp, aber Amazon sieht das ganz anders, falls Ihr mal jemanden auflösen  Fleisch selbst pökeln möchtet.

Dazu wären mir bestimmt noch tausend smarte Ideen eingefallen, aber am Ende der Mahlzeit war NICHTS mehr da, was ja auch irgendwie smart ist.

Hat sich nicht gereimt, hat keiner gemerkt, leider geil 😉

Viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Appetit.
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12 Kommentare

  • Unglaublich. Rate mal, wer vor ein paar Tagen bei "a*****" Nitrit-Pökelsalz bestellt hat, aber nicht, um Kassler zu machen.

  • wieso? doch nicht mehr glücklich verheiratet? ;-). ach ja, meine frau will eine sardellenpizza

  • Das Fleisch sieht sehr lecker aus. Ich koche oft Fleisch, Kassler, Bauchfleisch Rindfleisch um es als Aufschnitt zu nehmen. Ist oft billiger als Wurst an der Bedientheke. Aus Schweinebauch und Leber Zwiebel und Gewürze mache ich mir meine Leberwurst selber. Deine Rezepte regen mich an, ich lese sie gerne.

    • hallo gabriele das sollte eigentlich der normalfall sein, aber in den letzten 50 jahren ist das alles in vergessenheit geraten. ich finde das toll, wenn jemand soviel selbst herstellt, wie du und ich werde das in zukunft auch vermehrt machen. habe mir gerade das zubehör bestellt, um fleisch selbst pökeln zu können und bin schon ganz aufgeregt.

  • Da fällt mir doch meine eigene bornierte Grundeinstellung mal so richtig auf! 😉 Nienienie würde ich auf die Idee kommen, ein Stück Bauchfleisch zu kaufen und in den Ofen zu schieben, aber geschnittenen Plastikbacon hab ich immer im Vorrat. Und beim sabbernden Lesen Deines Posts ist mir auch eingefallen, dass meine Oma das machte, allerdings ungepökelt, mit vielen Zwiebeln und aufgegossen als Braten. Das Fleisch, das nicht heiß gegessen wurde, gab es als Brotbelag und die Mischung aus Bratensaft, braunen Zwiebeln und Fett kam in einer Tasse in den Kühlschrank, Das Ganze wurde fest und ich liebte es, diese Mischung aufs Brot zu schmieren. Bin fast geneigt, das mal auszuprobieren.
    Gruß Elke

    • genau elke! das ist so richtiges omawissen. von meiner oma kenne ich das auch noch und ich habe das früher nie verstanden. die war aber auch ziemlich untalentiert und hatte das mit dem würzen überhaupt nicht darauf. salz und peffer reichen wirklich, aber dann eben auch in mengen, bei denen man schmeckt, dass es gewürzt ist. daraus kann man bestimmt auch tolles sauerfleisch machen. scheiße, jetzt bekomme ich auch schon wieder hunger. gruß jörg.

      • Stefan Heinemann

        Sauerfleisch sollte man NUR aus Bauchfleisch machen 😉
        Tatsächlich ist auch hier Fett der Geschmacksträger. Man kann die Fleischstücke nach dem Kochen ja etwas entfetten.
        Ich habe vielfach andere Fleischarten dafür probiert, aber (ungepökeltes) Bauchfleisch bleibt unerreicht.

  • Vivian

    In der asiatischen Küche taucht Schweinebauch auch regelmäßig auf. Die wissen eben auch wie man das lecker hinbekommt.
    Gepökelten Bauch gibt es hier nicht so häufig, frischen Bauch hingegen schon. Den werde ich bald auch mal wieder in den Ofen schieben. Danke fürs Erinnern.

  • Markus

    Apropos erinnern^^
    Bei einem funktionsfähigem Ofen mit Ober- und Unterhitze, Umluft und co…….,
    wie geht man denn da am besten vor?
    Hab hier ein 4kg Bauchstück vor mir liegen………
    Werde eh erst mal teilen, die Hälfte mit Knochen, andere ohne.
    Salz Pfeffer, vllt paar getr. Kräuter, so war mein ansinnen….
    Gedacht für Scheiben aufs Brot….. darf auch deftig sein.
    Haste da ne Erfahrung?

    • ich würde immer mit niedrigtemperatur garen. anbraten von allen seiten und dann bei 100 – 120 grad bis kerntemperatur 78 grad ziehen. hast du ein thermometer? bei 4 kilo würde ich bei 120 grad 5 bis 6 stunden schätzen, aber das ist mein ofen. bei deinem kann das ganz anders sein.

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