Knipp – nordisch by nature

Rustikaler geht es kaum. Grützwurst mit Bratkartoffeln und Gurkensalat. Ich kenne das seit meiner Kindheit und hätte das nicht mit der Kneifzange angefasst. Meine Oma hat das häufig gegessen, von meiner Mutter weiß ich auch, dass sie das mag und nachdem ich das heute erstmalig selbst gebraten habe, ist mein Weltbild ganz schön durcheinander, weil das so dermaßen lecker gewesen ist.
Zutaten für zwei Personen:
500 Gramm Kartoffeln
2 Zwiebeln
1/2 Salatgurke
Salz
Pfeffer
Zucker
Dill
frischen Schnittlauch
frische Petersilie
Pflanzenöl
Essig
Ich war echt nicht so scharf darauf, weil ich das nur so schlecht gebraten, nicht richtig gebräunt, sondern eher so labberig von den alten Damen meiner Familie kannte. Mein Vater mochte es auch nicht, aber der mochte aus Prinzip alles nicht, was ihn irgendwie an seine Kriegskindheit und die Zeiten danach erinnerte. Letzte Woche bekam ich einen Anruf von Kalieber, ob ich nicht mal wieder ein Probepaket haben möchte und daraus etwas schönes für meinen Blog kochen. 
Ich habe nur gesagt, ich kann aus allem etwas machen, was keine Leberwurst ist. Schlimmeres fiel mir nicht ein, weil ich Blutwurst und so, gerade nicht auf dem Schirm hatte. Ich habe scheinbar  die Abneigungen meines Vaters nahtlos übernommen. Dann kam das Paket und ich habe die graue Masse gar nicht so genau angeschaut, weil für mich war die in meinen Augen nicht bestimmt. Margarete wollte Leberwurst haben und ich habe Ihr die Grützwurst mit spitzen Fingern aufs Brot geschmiert und das nicht weiter verfolgt. 
Nachdem ich gestern mit Sarah Dhem, der Chefin von Kalieber telefoniert habe, ließ sie in einem Nebensatz fallen, dass in dem Paket Grützwurst wäre und dass das sowas wie Knipp wäre. Das fetteste vom Schwein, mit Hafergrütze, Schwarte und allem was weg muss, in einem Plastikdarm gebrüht. Ich habe dann gedacht, dass es nicht schlecht schmecken kann, wenn es von Kalieber ist und die Erfahrung habe ich ja schon seit längerem gemacht, dass man aus allem etwas machen kann, wenn es handwerklich ordentlich zubereitet wird und man sich da keine Schwächen leistet.
Das schöne an diesem traditionell norddeutschem Gericht ist, dass es schnell geht. Nach einer guten halben Stunde kann man schon am Tisch sitzen und kann sich daran erfreuen, wie toll ein so einfaches Gericht, aus so einfachen Zutaten sein kann. 
 

Kartoffeln schälen und würfeln.
 Mit Pflanzenfett in der Pfanne anbraten. 
Garzeit für roh gebratene Kartoffeln beträgt 20 Minuten. Die Kartoffeln würze ich erst direkt vor dem Servieren mit Pfeffer und Salz, dann werden sie nicht so lappig. Ich habe meine tolle Pfanne von diePfanne.com benutzt. Die ist echt der Hammer, für alles und insbesondere für Bratkartoffeln, die zwar total einfach erscheinen, aber nur von wenigen Menschen gut gemacht werden. 
Entweder sind sie zu roh, oder zu blass, oder zu weich und zu fett und leider überhaupt nicht kross. Dafür die die Edition one Pfanne von diePfanne.com genau richtig. Da kann man stumpf mit Vollgas draufhalten, damit die rohen Kartoffeln in den ersten zehn Minuten Farbe bekommen und in der zweiten Hälfte, geht man mit Augenmaß auf halbe bis dreiviertel Kraft runter.
 
 Hier das Knipp, bzw. die Grützwurst, wir reden hier von der gleichen Sache, die regional unterschiedlich genannt wird, aus der Nähe. Ich kenne das aus Bremen und aus Niedersachsen in Richtung Hamburg als Knipp. 
Vorne die Bratkartoffeln, im Hintergrund das Knipp. Das Knipp zerfällt beim Braten in der Pfanne. Die Pfanne läuft auf der größten Herdplatte auf Vollgas.

Zwischenzeitlich schnell noch eine halbe Gurke in dünne Scheiben hobeln

Hier zerfällt das Knipp dann beim Braten. Sieht im ersten Moment aus, wie in die Pfanne gekotzt und da hilft es wirklich nur das ordentlich zu bräunen, oder er stellt sich der Effekt ein, der mich bis heute verfolgt hat, dass man es nicht essen möchte.

Die Bratkartoffeln machen auch schon einen schlanken Fuß, mit schönen Röstaromen.

Das Knipp bräunt auch schon ganz ordentlich und muss immer weiter gewendet werden.

Die erste Zwiebel zerkleinern für den Gurkensalat

Den frischen Schnittlauch mit der Schere zerkleinern. 

Zusätzlich Dill, Salz, Pfeffer und Zucker zum Würzen an den Gurkensalat geben und mit Pflanzenöl und Branntweinessig marinieren. Das ist ganz einfacher Gurkensalat, aber eben frisch und lecker und dem Rest des Gerichts angemessen. Der muss quasi so sein und braucht nicht mehr Chichi.

 Jetzt kommt das Essen auf den Tisch. Bratkartoffeln mit Salz und Pfeffer aus der Mühle würzen und auch da noch frischen Schnittlauch einstreuen. Wer nicht frisch hat, nimmt eben getrockneten.  

Die zweite Zwiebel in Ringe schneiden und als Deko für den Teller zu nehmen. 

Das ist die klassische Anrichte, wie man das an normalen Tagen bei einem Hauptgericht machen würde. O.k, vielleicht würde man dann auf dem Teller auch noch irgendwelche Fettspritzer sehen und alles würde eher Kreuz und quer liegen, aber ich versuche Euch das ja als ein leckeres Gericht zu zeigen, damit Ihr Interesse daran bekommt. Könnt Ihr sehen, wie schön das Knipp gebräunt ist? 

Das Knipp ist super knusprig und toll zu den ebenfalls krossen Bratkartoffeln. Die rohen Zwiebelringe sind ein super Kontrast zu dem doch recht deftigen Essen. Aus optischen Gründen, habe ich noch frische Petersilie darauf drapiert.

Das war der Teller für meine Frau, die richtig Hunger hatte und auch noch Nachschlag bekommen hat.

Mein Gedankenansatz war ein anderer, denn das ist so ein simples und unterschätztes Essen, dass ich mir überlegt habe, wie man es aussehen lassen könnte, um es in ein Mehrgangmenü einbauen zu können, als Vorspeise, oder Zwischengang. 

Ich war nämlich schon nach dem Probieren aus der Pfanne sicher, dass das ein absolutes Knalleressen ist, das man den ganzen Kostverächtern, die es alles besser zu wissen glauben, einfach mal ansprechend darbieten sollte, damit es aus dieser rustikal, schmuddeligen Ecke kommt. 

Ich ärgere mich jedenfalls schon mal wieder reichlich über mich selbst, dass ich mein Vorurteil so lange gepflegt habe und mir diese Leckerei entgehen lassen habe. Das kommt, wenn man es nicht selbst mit Liebe zubereitet. Das ist so ein geiles Essen. Knusprig, fettige Grützwurst, die leckeren Bratkartoffeln und der Kick Frische aus dem Gurkensalat. Ich habe es jetzt nicht ausprobiert, aber Apfelmus soll dazu auch toll schmecken. 

Die bei Kalieber haben auch einen Sockenschuß, denn die verkaufen die Grützwurst für € 4,90 pro Kilo. Da ich mich sonst immer darüber auslasse wie teuer deren Produkte sind und auf was man sonst alles verzichten muss, damit man sich deren Ware leisten kann, muss ich an dieser Stelle mal fragen, wieso das geile Zeug fast verschenkt wird? Da ich das noch nie freiwillig gegessen, geschweige denn gekauft habe, stellt sich mir die Frage, was Grützwurst bei der Massenindustrie kostet, oder bekommt man da noch Geld dazu, wenn man sie kauft? Ich weiß, das hier ist keine Börsensendung, aber alle denen Kalieber bisher immer zu teuer erschien (ist es faktisch nicht), haben hier mal die Chance zum Preis einer Schachtel Zigaretten, einer mäßigen Flasche Wein, von zwei Brotlaiben mieser Industriebäcker, oder einer S-Bahnfahrkarte, ein richtiges Stück Fleischerhandwerkskunst zu kaufen. Los jetzt, kaufen!

So kann man Traditionen lieben lernen und deswegen wünsche ich ganz viel Spaß beim Nachkochen und einen guten Appetit. Danke Kalieber, dass Ihr so tolle Sachen macht!

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8 Kommentare

  • Ein Kunde von der Firma, in der ich arbeite, hatte mal mit mir eine Diskussion darüber, welches der beiden Gerichte – Knipp und Labskaus – denn, obwohl beide echt lecker, schlimmer aussieht. Wir konnten uns nicht entscheiden 😀

    Ich steh auf beide Sachen. Bin halt auch ein Nordlicht 😉

  • Ihr esst schon komische Sachen da oben … :p

    Ich hab bislang weder Knipp noch Grützwurst je gehört (bzw. auf der Kalieber-Homepage immer geflissentlich drübergelesen). Aber ich muss sagen: Wenn DEIN Knipp mit Bratkartoffeln der erste Kontakt mit dieser Nordlichtspeise ist, dann wird mir das garantiert saugut schmecken! Sieht nämlich so schon oberlecker aus.

    LG, Luci

    • frau kehrwoche, ich glaube in schwaben habt ihr auch genug krudes zeug, mit dem ihr jedem nordlicht erstmal einen schauer über den rücken laufen lassen könnt. die werden auch in schwaben nie irgendwas von einem tier weggeworfen haben, also muss es solche schätze bei euch auch geben. das war aber in der tat total lecker und damit kann man noch ganz andere abgefahrene sachen machen. to be continued.

  • ich bin nordlicht. und zwar ein echtes!
    aber knipp habe ich noch nie gehört…
    bei uns heißt es blutwurst oder – jetzt wirds petitlos – "tote oma".
    egal, ist jedenfalls hammerlecker. ich selber habe es jedoch noch nie so hinbekommen, dass es gut war 😉
    vielleicht wirds ja jetzt was…
    lg von der ostsee
    marion

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