Gemischte Rohkost – DDR Kochbuch 1979

In der DDR wurde Regionalität groß geschrieben. Dahinter stand kein neumodischer Umweltgedanke, sondern der Zwang keine unnötigen Devisen zu verpulvern, also Waren aus dem kapitalistischen Ausland importieren zu müssen. Man stirbt ja auch nicht gleich an Vitaminmangel, weil man sich das Vitamin C aus Rot- und Weißkraut holt, statt aus Orangen, oder Ananas. Der Vorteil bei dieser regionalen Ernährungsweise liegt ganz klar darin begründet, dass man die Früchte, oder das Gemüse maximal reifen lassen kann, dass man nur kurze Wege zwischen Hersteller und Verbraucher hat und dass die Ware dementsprechend frisch auf den Tisch kommt.  Ich habe in meinem Leben schon einen halben Dampfer Importware vom anderen Ende der Welt verspeist, deswegen würde ich das als ziemlich clever empfinden, aus dieser sinnlosen Spirale auszusteigen, jeden Tag jedes Produkt immer verfügbar zu haben und nicht weiter besonderen Dingen das Besondere zu nehmen.

Zutaten:

1 Möhre
1/2 Kopfsalat oder 1 Mini Romanasalat
1 Kohlrabi
1/2 Teelöffel Salz
1 Teelöffel Pfeffer
1 Esslöffel Zucker
1/2 Zitrone Zitronensaft
200 Gramm Saure Sahne
Gehackte Kräuter wie Petersilie, Salbei, Zitronenmelisse, Dill, etc.


Ich weiß, Ihr seht drei Möhren, aber ich habe nur eine verbraucht.
Kohlrabi mit dem Sparschäler von der Schale befreien und anschließend ebenfalls auf der Standreibe grob zerkleinern.
Beides in eine Salatschüssel geben.
Ich hatte keinen Kopfsalat und bestimmt gab es in der DDR nur Romanasalat in Wandlitz bei den SED Parteibonzen in Schaltjahren, wenn Merkur im vierten Haus stand. Ich habe nur gerade nichts anderes, was kein Eisbergsalat war und zumindest farblich in Richtung Kopfsalat geht.
Salat zerkleinern, in der Salatschleuder waschen.
Salat trocken schleudern
Petersilie hacken, Dill, Minze, Zitronenmelisse, Salbei, im Prinzip alles was Ihr an Kräutern habt.
Kräuter in einen Mixbecher geben
Saure Sahne zu den Kräutern kippen.
Zucker
Salz
Pfeffer
Zitronensaft
Alle Zutaten verrühren.
Salatdressing abschmecken, im Fall der Fälle noch einmal nachwürzen.

Dressing zum Salat gießen
Alles vermischen

Ich wäre früher in der ersten Reihe mitmarschiert, wenn mir jemand gesagt hätte, dass so ein Salat gar nicht schmecken kann, weil ich weder Möhren und schon gar keinen Kohlrabi mochte. Ich finde auch heute noch nicht, dass die so besonders lecker wären, aber die Würzung entscheidet darüber und mit Zitrone und ordentlich Salz und Pfeffer, schmeckt das wirklich toll. Mit frischen Kräutern im Dressing sowieso. Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass man aus so einfachen Zutaten, so leckere Dinge machen kann.
Diese ganzen Kindheitserinnerungen, die man mit sich rumschleppt, wegen derer man auch als Erwachsener immer noch so vieles nicht isst, weil man den Dingen keine weiteren Chancen gibt, sind echt fatal. Bei mir rührte die Gemüseverweigerung weitestgehend daher, dass es das bei mir zuhause immer scheiße gewürzt (Fondor) war, mit zu wenig Salz und Pfeffer und megatot gegart wurde.  Mit dem Wissen von jetzt weiß ich, dass es nur an der Zubereitung liegt, ob Gemüse schmeckt. Salz, Pfeffer, Zucker, Säure und Fett in wechselnden Anteilen sorgen dafür, dass es auch Euch schmecken wird.
Hier gibt es das knackig gute Gefühl, von gleich um die Ecke, frisch auf den Tisch. Eine tolle Vorspeise, oder auch eine leckere Beilage.
Das habe ich auch noch ein paar mal weiter ausprobiert, mit Rotkrautfrischkost und Chinakohlfrischkost. Der Saal hat getobt, weil es so lecker schmeckt

Ich wünsche viel Spaß beim Nachschnippeln und einen guten Appetit.

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2 Kommentare

  • kochaddict

    Das mit den Kindheitserinnerungen kann ich bestätigen..da muss man dann leider als Erwachsener über sich hinauswachsen und neu auf
    “Entdeckungstour” gehen..aber Möhren und Kohlrabi sind einfach Hammergemüse und gesund (zudem ganzjährig regional zu kaufen).

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